Zuchtkartoffeln mit besonderer Stärke

Kartoffeln enthalten zwei Arten von Stärke; oft ist aber nur eine Form gefragt. Da eine Trennung aufwendig ist und gentechnisch veränderte Pflanzen wenig akzeptiert sind, wollen Forscher neue Knollen züchten – klassisch, aber mit Kenntnissen aus der Gentechnik.

Stärkekörnchen im Gewebe einer Kartoffel. Die Farbreaktion mit Jod wird genutzt, um mikroskopisch nachzuweisen, ob die Knolle so wie hier weitgehend frei von Amylose ist. Rund ein Drittel der in Deutschland angebauten Kartoffeln dient einzig zur Stärkeproduktion. Mit dem weißen Pulver lassen sich Süßspeisen und Soßen andicken. Die Papier- und Textilindustrie nutzt es etwa für klebende Gummierungen oder glattere Webfäden. Was man dem Pulver nicht ansieht: Es enthält zwei Varianten Stärke, Amylose und Amylopektin. Sie unterscheiden sich in ihrem molekularen Aufbau und damit auch in ihren Eigenschaften. Für viele Anwendungen eignet sich Amylopektin, das knapp 80 Prozent der Stärke in der Kartoffel ausmacht, oft besser. Verfahren, um beide Formen zu trennen, sind sehr aufwendig. Daher suchen Forscher seit Jahren nach anderen Wegen.

Gentechnisch veränderte Knollen, die nur Amylopektin bilden, gibt es inzwischen. Als anbaubare Sorte sind sie jedoch noch nicht zugelassen und Transgenes auf dem Acker wird ungern akzeptiert. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME arbeiten daher an einer Alternative: Sie züchten eine neue Kartoffelsorte klassisch. Gefördert wird das Verbundprojekt von der Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe (FNR). ”Aus der Gentechnik wissen wir, dass nur ein einziges Gen ausgeschaltet werden muss, damit die Kartoffel keine Amylose mehr bildet”, sagt Jost Muth vom IME. Dazu behandeln die Forscher Kartoffelsamen mit dem Stoff Ethylmethansulfonat, einer Substanz, die seit langem in der Züchtung eingesetzt wird. Sie erzeugt zufällige Punktmutationen im Erbgut. Diese analysieren die Wissenschaftler und wählen Pflanzen aus, deren ”Amylose-Gen” beschädigt ist, um sie weiter zu züchten. Ein Problem dabei ist, dass die typische europäische Kartoffel vier Kopien des Gens trägt, die meist nicht ganz identisch aussehen. ”Um Veränderungen des Gens überhaupt nachweisen zu können, mussten wir daher erst Kartoffeln finden, bei denen die Kopien gleich aussehen”, sagt Muth. ”Nur diese Kartoffeln züchten und mutieren wir weiter.”

Die vielversprechendsten Kandidaten sind nun bei einer kooperierenden Biotechfirma, die durch Kreuzung Eigenschaften wie Resistenz und Ertrag optimieren wird. Die IME-Forscher analysieren das Erbgut jeder Pflanzengeneration. Nur Kartoffeln mit je zwei defekten ”Amylose-Genen” werden weitergezüchtet, um die Mutation zu erhalten. Die besten unter ihnen werden abschließend gekreuzt. Ein Sechsunddreißigstel ihrer Nachkommen trägt dann vier defekte ”Amylose-Gene” und damit die Voraussetzung, nur noch Amylopektin zu bilden. Bis die ersten amylosefreien Zuchtkartoffeln auf dem Acker blühen, rechnen die Forscher allerdings noch mit einigen Jahren.

Ansprechpartner:
Dr. Jost Muth
Tel.: 0241-80-2 81 19, Fax -2 01 45,
E-Mail: jost.muth@ime.fraunhofer.de

Dr. Dirk Prüfer
Tel.: 0241-80-2 81 21 und 02972-3 02-2 22, Fax -3 68,
E-Mail: dirk.pruefer@ime.fraunhofer.de

Source

uni-protokolle.de (idw) vom 2004-07-14.

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