Weltweiter Agrarhandel kann Wasserstress mindern

PIK-Studie verweist Produktion wasserintensiver Güter dorthin, wo Wasser reichlich vorhanden ist

18.03.2014 – Durch den internationalen Handel von Agrargütern wurde 2005 Wasser im Wert von 2,4 Milliarden US-Dollar eingespart, so zeigt eine neue Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. Der Handel mit Nahrungsmitteln aus landwirtschaftlicher Produktion ist auch ein Handel mit virtuellem Wasser – dem Wasser, das während der Produktion verbraucht wird. Der Verbrauch hängt dabei stark von den klimatischen Bedingungen in der Produktionsregion ab: Für ein Kilo Getreide werden in Marokko etwa 2700 Liter Wasser aufgewendet, während die gleiche Menge Getreide in Deutschland mit nur 520 Litern Wasser hergestellt werden. Die Wissenschaftler haben den Einfluss des Welthandels auf regionale Wasserknappheit untersucht und herausgefunden: Nicht die Menge des verbrauchten Wassers an sich ist entscheidend, sondern der Ursprung des Wassers. Während Teile Indiens oder des Mittleren Ostens Wasserknappheit durch den Import von Agrargütern vermindern können, verstärken Länder in Südeuropa ihre Wasserknappheit durch den Export.

„Auf die Landwirtschaft gehen 70 Prozent unseres weltweiten Wasserverbrauchs zurück, der potenzielle Einfluss auf lokale Wasserknappheit ist deshalb enorm“, sagt Leitautorin Anne Biewald. Die Menge des verbrauchten Wassers während des gesamten Produktionsprozesses von Nahrungsmitteln aus landwirtschaftlicher Produktion wird durch das Konzept des virtuellen Wassers erfasst. Bislang basierte das Konzept jedoch lediglich auf nationalen oder globalen Mittelwerten, statt die regionale Wassersituation zu berücksichtigen. „Unsere Studie zeigt, dass es nicht um die Menge des Wassers an sich geht, sondern darum, ob durch die Produktion von Lebensmitteln Wasserreserven in wasserknappen Regionen angegriffen oder geschont werden.“

Durch kombinierte Simulationen des Wasserverbrauchs im Pflanzenanbau und agrarökonomischer Land- und Wassernutzung konnten die Forscher erstmals die positiven wie negativen Folgen des internationalen Handels von Getreide und Pflanzen, Vieh und Futtermitteln für die Wasserknappheit ermitteln. Um großen Ländern wie Indien oder den USA mit unterschiedlichen Klimazonen und damit zusammenhängender unterschiedlicher Wasserverfügbarkeit und Wasserproduktivität gerecht zu werden, wurde der Effekt des Handels auf regionaler Ebene untersucht, während bislang nur nationale Durchschnittswerte für diese Länder herangezogen werden konnten. „Lokale Wasserknappheit wird durch den Import von Agrargütern reduziert und kann deshalb regionale Produktion vor allem in Teilen von Indien, Marokko, Ägypten und Pakistan einsparen. Gleichzeitig wird Wasserknappheit in Teilen der Türkei, Spaniens, Portugals, Afghanistans und der USA durch Exporte weiter verschärft“, sagt Biewald. Obwohl allein Europa virtuelles Wasser in Agrargütern im Wert von 3,2 Milliarden US-Dollar exportiert, sorgt der internationale Handel insgesamt für Wassereinsparungen im Wert von 2,4 Milliarden US-Dollar.

Die Studie am Beispiel des Jahrs 2005 macht deutlich, wie groß der potenzielle Einfluss des Handels auf die Agrarproduktion ist. Durch den Handel und die regional unterschiedliche Effizienz der Viehzucht werden insgesamt weniger Agrargüter auf weniger Fläche produziert: ein Kilo Rindfleisch kann etwa in den USA mit deutlich weniger Futteraufwand produziert werden als in Afrika – es kann deshalb ökonomischer sein, wenn sich bestimmte Regionen auf bestimmte Güter und ihren Export spezialisieren. „Im Gegensatz zur öffentlichen Wahrnehmung haben der globale Handel mit Nahrungsmitteln aus landwirtschaflicher Produktion und die damit verbundenen Bewegungen virtuellen Wassers tatsächlich das Potenzial, Wasserstress zu lindern, und den globalen Wasserverbrauch effizienter zu machen“, sagt Ko-Autor Hermann Lotze-Campen. “Wenn es um die Umsetzung von Politikinstrumenten mit Bezug auf den Welthandel geht – etwa die Liberalisierung des Handels, Handelshemmnisse oder Agrarsubventionen – müssen Entscheidungsträger auch die indirekten Effekte auf die Wasserverfügbarkeit mit berücksichtigen. Den internatonalen Handel mit regionaler Wasserknappheit zu verknüpfen kann ein wichtiger Beitrag sein, um diese Diskussion voranzubringen“.

 

(Artikel: Biewald, A., Rolinski, S., Lotze-Campen, H., Schmitz, C., Dietrich, J.P (2014): Valueing the impact of trade on local blue water. Ecological Economics, Volume 101 [10.1016/j.ecolecon.2014.02.003])

Link zum Artikel
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0921800914000391

Source

Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Pressemitteilung, 2014-03-18.

Supplier

Potsdam Institute for Climate Impact Research (PIK)

Share

Renewable Carbon News – Daily Newsletter

Subscribe to our daily email newsletter – the world's leading newsletter on renewable materials and chemicals

Subscribe