Produktneuheiten aus Hanf: Schleifscheiben und die Aktentasche vom heimischen Acker

Aufbruchstimmung auf der "Second International Conference of the European Industrial Hemp Association (EIHA)"

Am 18. und 19. November kamen über 80 Hanf- und Naturfaserexperten aus 20 Ländern – fast allen Ländern Europas sowie Japan, Australien, Kanada und USA – in Hürth im Rheinland zusammen und tauschten die neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet der Hanfnutzung aus. Dabei ging es vor allem darum, für Hanffasern, -schäben und -samen neue Anwendungsfelder zu erschließen.

In der deutschen Automobilindustrie finden schon heute jährlich ca. 45.000 Verbundwerkstoffe mit Naturfasern wie Flachs, Hanf, Jute, Kenaf, Sisal oder Abaca ihren Einsatz – leider jedoch unsichtbar in Türinnen- oder Kofferraumverkleidungen (vgl. Meldung vom 20.09.2004). Dirk Fischer von R+S Technik (Offenbach), einem führenden deutschen Maschinenbauer, zeigte eindrucksvoll, wie ausgereift und für Großserien geeignet das Produktionsverfahren “Formpressen” ist. Sein Unternehmen liefert entsprechende Anlagen zu Automobilzulieferern in die ganze Welt.

Bislang war diese Produktionstechnik ganz auf die Automobilindustrie beschränkt, nun aber beginnt der Einsatz in neuen Branchen: Auf der EIHA-Konferenz wurden erstmalig zwei Aktenkoffer der Weltöffentlichkeit präsentiert, die mittels der Formpresstechnik hergestellt werden und ohne Kaschierung diesen innovativen Werkstoff mit seinen Naturfasern “stolz” präsentieren. Andere Branchen, wie z.B. die Möbelindustrie könnten nun durchaus aufmerksam werden: Naturfaser-Formpressteile sind leicht, mechanisch hoch belastbar, preislich konkurrenzfähig, produzierbar mit ausgereifter Großserien-Produktionstechnik und zeigen (unkaschiert) eine neue, interessante Optik und Haptik.

Aktenkoffer
Gleich zwei Unternehmen zeigten Naturfaser-Aktenkoffer: R+S Technik einen Koffer aus Kenboard®, einem Material aus 50% Polypropylen und 50% Naturfasern (Flachs, Hanf und Kenaf), und J. Dittrich & Söhne Vliesstoffwerk (Ramstein-Miesenbach) einen Aktenkoffer aus den Naturfasern Hanf (50%) und Kenaf (50%) der als Matrix das BASF-Duroplast Acrodur verwendet. Laut Heribert Jungmann und Manfred Lahm wird Dittrich in Kürze eine ganze Produktreihe mit Aktentaschen, Brillenetuis etc. einführen, einmal in “Natur” (Nafacryl® basic) und in Farbe (Nafacryl® color). Die Aktenkoffer werden noch vor Weihnachten in einer ersten Serie verfügbar sein. Marketingpartner Hempro International (Düsseldorf) nimmt ab sofort Bestellungen entgegen und konnte auf dem Kongress ein reges Interesse verbuchen.

Hanfkoffer

Von links nach rechts: Heribert Jungmann (J. Dittrich), Daniel Kruse (Hempro), Manfred Lahm (Entwickler für J. Dittrich), Dirk Fischer (R+S Technik) und Michael Karus (nova-Institut); Fotograf: Francois Desanlis (EIHA)

Fächer-Schleifscheiben
Neben den Aktenkoffern wurde ein weiteres neues Produkt präsentiert, das bereits in Produktion ist und vor wenigen Tagen auf dem deutschen Markt eingeführt wurde: Einer der führenden Hersteller von Schleifscheiben, die Firma Eisenblätter (Geretsried), hat eine Fächer-Schleifscheibe entwickelt, die als Trägerteller erstmalig ein Spritzgussteil aus Polypropylen (PP) und Hanffasern verwendet. Die Hanffasern dienen der Verstärkung und ersetzen die bislang eingesetzten Glasfasern. Als Vorteile des Produktes werden der Wegfall der Belastung durch Glasfaserstaub sowie die einfachere Entsorgung genannt. (Vgl. Meldung vom 3.11.2004)

Neue Werkstoffe
Auf der EIHA-Konferenz standen insgesamt neue Werkstoffe aus Hanffasern im Mittelpunkt. Acht Vorträge zeigten aktuelle Markttendenzen in Europa und Kanada, neue Produkte und technische Entwicklungspotenziale. Insbesondere der PP-Naturfaser-Spritzguss wurde von Michael Karus, dem Geschäftsführer des nova-Instituts als “schlafender Riese” bezeichnet. Gute mechanische Eigenschaften, Einsatz auf unmodifizierten Spritzgussmaschinen und attraktiver Preis machen diesen neuen Werkstoff interessant für viele Branchen.

Qualitätsmanagement
Weitere Vorträge hatten das Qualitätsmanagement von Naturfasern zum Thema. Hier zeigte z.B. Hubert Schmidt (IST Ltd., Vilters) aus der Schweiz das Mess-System FIBRESHAPE, mit dem Naturfasern im Vergleich zu bisherigen Verfahren sehr schnell und kostengünstig mittels eines Hochleistungs-Scanners und Spezialsoftware analysiert werden können.

Hanftextilien und Bauen mit Hanf
Weitere Sessions beschäftigten sich dem Potenzial und den Hemmnissen für Hanf im Textilbereich sowie den zahlreichen Möglichkeiten, Hanffasern und -schäben im Baubereich einzusetzen. Auf großes Interesse stieß dabei das deutsche Markteinführungsprogramm für Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen (vgl. Meldung vom 26.08.2004) sowie die weit fortgeschrittene Bautechnik aus Frankreich (Balthazard & Cotte), wo mit der Kombination aus Hanfschäben und Kalk schon hunderte komplette Häuser errichtet wurden. Diese Bautechnik soll nun auch in anderen Ländern eingeführt werden.

Hanflebensmittel in Kanada
Ein weiterer Höhepunkt des Kongresses war der Vortrag von Gero Leson (Leson Environmental Consulting, USA/Kanada) über den zunehmenden Einsatz von Hanfsamen in der kanadischen Lebensmittelindustrie. In den letzten fünf Jahren konnte eine Vielzahl von Hanflebensmitteln entwickelt und am Markt platziert werden, wie z.B. Hanfnussriegel, Hanfmüsli, Hanfproteinpulver, Hanföl oder auch Hanfnudeln. Die Produkte fügen sich ideal in den Markt der gesunden Nahrungsmittel ein, der besonderen Wert auf ein gutes Fettsäurespektrum legt, das Hanfsamen in idealer Weise liefern. Entsprechend haben sich in Kanada die Anbauzahlen von Nutzhanf, der dort vor allem für die Samenproduktion angebaut wird, in den letzten vier Jahren sehr gut entwickelt.

Insgesamt zeigte der EIHA-Kongress eine positive Stimmung, alle Bereiche konnten sich in den letzten Jahren deutlich professionalisieren und sind nun bereit für die Erschließung weiterer Märkte.

Eine CD-ROM mit sämtlichen Vorträgen wird in Kürze unter www.eiha.org erhätlich sein.

Source

Pressemitteilung EIHA vom 2004-11-22.

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