Präkeramische Papiere als vielseitige Werkstoffe

Der Papiertechnischen Stiftung (PTS) in München ist es in Zusammenarbeit mit der Friedrich Alexander Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg, Lehrstuhl für Glas und Keramik, gelungen, den Füllstoffgehalt im Papier deutlich über das übliche Maß von maximal 30 bis 40 Gewichtsprozent hinaus bis auf 90 Gewichtsprozent zu erhöhen. Als Folge nimmt das Papier größtenteils den Füllstoffcharakter an.

Derartige Spezialpapiere können wasserbasierend mit üblichen Verfahren (Papiermaschine) hergestellt werden. Auch können sie trotz des hohen Füllstoffgehaltes papierüblich behandelt, also kalandriert, beschichtet und geformt werden. Aufgrund der vielfältigen Beschichtungs- und Formgebungsmöglichkeiten des Werkstoffs Papier können dünnwandige, komplex geformte Werkstoffstrukturen effektiv realisiert werden.

Ein wichtiger Anwendungsbereich sind präkeramische, sinterfähige Spezialpapiere. Diese Papiere sind mit präkeramischen (reaktiv keramische Phasen ausbildend) oder keramischen Füllstoffen bis 85 Gew.-% so stark angereichert, dass sie thermisch in keramische Werkstoffe umgesetzt werden können.

Vielseitige Anwendungen für präkeramische Papiere
Dr. Andreas Hofenauer und Renate Kirmeier von der Papiertechnischen Stiftung sowie Dr. Nahum Travitzky und Hans Windsheimer von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg beschäftigen sich seit rund vier Jahren mit der Herstellung und thermischen Umsetzung präkeramischer Papiere. Mögliche Einsatzgebiete dieser innovativen Werkstoffe reichen von der Energie- und Umwelttechnik über die chemische Reaktionstechnik bis hin zur Medizintechnik.

Ein weiteres wichtiges Anwendungsfeld ist die Hochtemperaturtechnik. Bei modernen Brenntechniken, etwa für den Schnellbrand von Porzellan, sind großflächige Wärmeschutz-Bauteile (Schotten) notwendig. Sie bestehen aus hochtemperaturbeständigen Werkstoffen und sorgen für die thermische Abgrenzung unterschiedlicher Brennkammerbereiche. Diese thermischen Barrieren im Ofeninnenraum sind mehrere Quadratmeter groß und besitzen eine geringe Wärmeleitfähigkeit, eine gute Oxidationsbeständigkeit bis zu 1500°C und eine hohe Formstabilität, um einen möglichst langen Einsatz zu ermöglichen. Sie sind der Größe des Brennguts angepasst, erleichtern das Stapeln der Ware im Ofen und werden möglichst oft wieder verwendet. Gegenwärtig haben die Schotten eine große Wandstärke von bis zu 6 Millimetern und eine entsprechend große thermische Masse, die zusätzlich zum Brenngut aufgeheizt werden muss. Basierend auf den entwickelten präkeramischen Papieren können durch papiertechnisch etablierte Formgebungsprozesse hohlräumige Keramikkörper mit geringer thermischer Masse hergestellt werden, deren Einsatz eine erhebliche Energieeinsparung bedeutet.

Ein weiterer gelungener Anwendungsfall für präkeramische sinterfähige Spezialpapiere ist ihre Adaption an das Rapid Prototyping-Verfahren “Laminated Object Manufacturing” (LOM). LOM ist ein einfaches und elegantes Verfahren zur Herstellung von Prototypen und ist eine der am meisten verwendeten Rapid-Prototyping Technologien. In diesem Prozess können schichtweise komplexe 3-D Strukturen erzeugt werden. Im Gegensatz zu herkömmlichen Herstellungsverfahren der keramischen Industrie sind beim LOM-Verfahren keine äußeren Press- oder Gussformen notwendig. Durch die Verwendung präkeramischer Papiere kann die keramische Industrie eine große Bandbreite technischer Keramiken, z. B. Oxide, Carbide oder Nitride, mit dem gleichen Verfahren herstellen. Dies ist ein Novum, da bisherige Formgebungsverfahren und entsprechende Keramiksysteme immer aufeinander abgestimmt werden mussten.

Kontakt
Papiertechnische Stiftung
Erwin Polmann
Tel. 089-12 14 62 30
E-Mail erwin.polmann@ptspaper.de

(Vgl. Meldungen vom 2007-06-04 und 2002-09-05.)

Source

Papiertechnische Stiftung, 2006-11-23.

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