nova-Kongressbericht: Erster Deutscher WPC-Kongress mit großer Resonanz

Großes Markt- und Innovations-Potenzial für Wood-Plastic-Composites (WPC) - Fachgruppe WPC gegründet

Der Erste Deutsche WPC-Kongress, den das nova-Institut (Hürth) am 8. und 9. November im Maritim-Hotel in Köln durchführte, stieß bei der Holz- und Kunststoff-verarbeitenden Industrie, Zulieferern und Anwendern auf großes Interesse: 300 Teilnehmer aus 14 Ländern fanden sich in Köln ein, um über neueste Entwicklungen im Bereich der Holz-Kunststoff-Verbundwerkstoffe informiert zu werden und angeregt zu diskutieren. Vertreten waren die Branchen Bau, Möbel und Automobil, Maschinenbau, Rohstoffe und Additive sowie Produzenten aus der Holz- und Kunststoffindustrie.

Auf der begleitenden Fachausstellung präsentierten 24 Unternehmen und Institute ihre Kompetenz in Sachen Produktionsanlagen (Extruder), Mess- und Mischvorrichtungen, WPC-Granulate und Produkte. Die Aussteller zeigten sich mit den “sehr gut gemischten” Kongressbesuchern zufrieden, die eine Vielzahl von Geschäftskontakten ermöglichten.

Das große Interesse am Thema WPC spiegelt die erstaunliche Dynamik wieder, mit der Produktion und Absatz dieser neue Werkstoffgruppe nun auch in Deutschland wachsen. Wurden im Jahr 2004 in Deutschland erst 5.000 t WPC produziert, werden es dieses Jahr bereits knapp 10.000 t sein (nova-Marktstudie), Tendenz stark steigend. Waren es vor drei Jahren noch ca. vier Firmen in Deutschland, die WPC-Produkte produzierten, so sind es in diesem Jahr bereits etwa 20.

In Europa wird für dieses Jahr ein Produktionsvolumen von 40.000 – 50.000 t erwartet. Welches Marktpotenzial auf seine Erschließung wartet, sieht man in Nordamerika: Hier wird für 2005 bereits eine WPC-Produktion von 700.000 t erwartet und die jährlichen Zuwachsraten sind immer noch zweistellig.

Das Besondere an WPC ist, dass diese Werkstoffe sowohl für die Holzwerkstoffindustrie als auch für die Kunststoffindustrie neue Materialien sind. Sind dies thermoplastisch-gebundene Holzwerkstoffe oder holzgefüllte Thermoplaste? Verarbeitbar wie Kunststoffe (Spritzguss, Extrusion), witterungsbeständiger als Holzwerkstoffe, teurer als Holzplattenwerkstoffe und preiswerter als Kunststoffe.

Um WPC erfolgreich entwickeln, produzieren und vermarkten zu können müssen Experten aus der Holz- und Kunststofftechnik zusammen arbeiten. Und hierbei müssen sich die Experten beider Seiten auf Begriffe, Definitionen, Normen und Mess-Standards sowie Zertifizierungen einigen.

Heute werden WPC vor allem im Baubereich in Form von hochgefüllten, extrudierten Profilen, z.B. als witterungsbeständige Bodendielen (“Decking”) im Außenbereich eingesetzt. Dies wird zunächst auch der wichtigste Anwendungsbereich bleiben und hier gilt es, WPC-Profile in den Baumärkten so verfügbar zu machen, wie dies in Nordamerika bereits gelungen ist. Qualität und Marketing scheinen hierbei die Schlüsselbegriffe zu sein.

Neben den Bodendielen, die vor allem an Stelle von Bangkirai-Tropenholz auf Terrassen und Balkonen zum Einsatz kommen, sind im Bausektor bereits Fußleisten, Fensterbänke, Fensterrahmen und Bodenfliesen aus WPC am Markt erhältlich. Im Möbelbereich gibt es erste Anwendungen wie Regalsysteme, Stühle und Sessel. Auf dem Kongress wurde ein WPC-Sessel, der im Rotationsgussverfahren hergestellt wird, erstmalig einem größeren Publikum vorgestellt.

Aber auch in der Automobilindustrie werden WPC-Materialien eingesetzt, so findet man z.B. in der neuen Mercedes-S-Klasse einen spritzgegossenen Sitzhaken aus einem WPC-Material, das im Sommer 2005 für mehrere Automobilkonzerne weltweit freigegeben wurde.

25 Vorträge – Höhepunkte des Kongresses

Eröffnet wurde der WPC-Kongress von Minister Eckhard Uhlenberg, Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf. Minister Uhlenberg betonte die große Bedeutung der Holzwerkstoff-Industrie für das Land NRW und das Interesse der Landesregierung an neuen Holzwerkstoffen.

Er bewertete das neue WPC-Material sehr positiv. Er habe zwar “vor wenigen Tagen noch nicht gewusst, was WPC sind”, gab der Minister in Köln freimütig zu, er erkenne aber jetzt das Potenzial dieser “intelligenten Produkte mit hohem Zusatznutzen”. Eine Reihe wichtiger Produzenten und Maschinenbauer sind in NRW angesiedelt und in den Bereichen Bau-, Automobil- und Möbelindustrie tätig.

Dr. Andreas Schütte von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR), Gülzow, bundesweit zuständig für die Förderung von nachwachsenden Rohstoffen, zeigte auf, welche zunehmende Bedeutung natur- und holzfaserverstärkte Kunststoffe und Bio-Kunststoffe bereits am Markt haben. Die Fachagentur hat in den letzten zehn Jahren eine Vielzahl von Projekten gefördert und hat auch künftig ein offenes Ohr für neue Entwicklungen von Werkstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen. “Reichen Sie uns interessante Projekte ein!”, ermutigte Dr. Schütte die anwesenden WPC-Experten.

Veranstalter und Marktforscher Michael Karus, nova-Institut, Hürth, stellte die erste WPC-Marktstudie vor, die in Deutschland mit Mitteln der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) durchgeführt wurde. In der Studie werden erstmalig quantitative Aussagen über Produktion und Verwendung von WPC-Werkstoffen in Deutschland, Europa und der Welt gemacht (s.o.).

Mittel- bis langfristig werden laut Karus für WPC aber Marktpotenziale in einer ganz anderen Größenordung sichtbar. In Zeiten steigender und zunehmend unkalkulierbarer Preise für Erdöl und Erdöl-basierte Kunststoffe sowie gleichzeitig stabilen Preisen für Holz- und Naturfasern ist erstmalig ein wirkliches Interesse der Kunststoff-verarbeitenden Industrie zu erkennen, sich nach Rohstoffalternativen für ihre Werkstoffe umzusehen. Viele Industrien befinden sich augenblicklich in einer Phase der Neuorientierung. Es geht darum, Alternativen zur heutigen Erdöl-fixierten Rohstoffbasis zu finden.

Und diese gibt es: Holz- und Naturfaser-verstärkte Kunststoffe. Auch wenn die eingesetzten Kunststoffe meist noch Erdöl-basiert sind, ist dies ein erster Schritt, sich von der Abhängigkeit vom Erdölpreis zu lösen. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann auch Biokunststoffe ökonomisch konkurrenzfähig werden.

Mit den verschiedenen Biokunststoffen sowie Holz- und Naturfaser-verstärkten (Bio-)Kunststoffen können eine Vielzahl der heutigen Kunststoffanwendungen realisiert und substituiert werden. Vielleicht steht die Industrie bei Werkstoffen am Anfang eines Paradigmenwechsels, einer Rohstoffwende – ebenso wie sich in der Energiewirtschaft eine Energiewende abzeichnet.

Dr. Hans Korte, Innovationsberatung Holz & Fasern, Wismar, eröffnete den Praxisteil der Konferenz mit einem viel beachteten Vortrag mit dem Titel “Produkteigenschaften von WPC – zwischen Wunsch und Wirklichkeit”. Herr Korte wertete die Versprechungen der WPC-Produzenten und –Händlern aus ihren Werbebroschüren und Internetauftritten auf der einen und Praxiserfahrungen auf der anderen Seite aus und stellte fest, dass erhebliche Differenzen zwischen Wunsch und Wirklichkeit bestehen, die den Erfolg der Produkte gefährden können.

Gerade im Bezug auf Dauerhaftigkeit, Witterungsbeständigkeit und Farbechtheit würden den Kunden zum Teil Dinge versprochen, die viele der am Markt erhältlichen WPC-Materialien kaum einhalten können – bzw. höchstens “verbal” einhalten könnten, da entsprechende Normen und Prüfvorschriften fehlten. Weitere Produkt¬optimierungen, Aufzeigen von Vorteilen und Grenzen des neuen Materials, Entwicklung von Normen und Prüfstandards seien aktuell erforderlich, um die Markteinführung dauerhaft zu sichern. Korte stellte hierzu verschiedene Ansätze auf nationaler und europäischer Ebene vor.

Dr. Eugen Prömper, Johnson Controls Interior, Grefrath, dessen Unternehmen einer der führenden, weltweit tätigen Automobilzulieferer ist, gab einen umfassenden Überblick über den Einsatz von Holzfaser-Verbundwerkstoffen in der Automobilindustrie.

Neben thermo- und duroplastischen Holzfaser-Mattenwerkstoffen werden auch WPC-Materialien eingesetzt, wie z.B. ein Sitzhaken in der Mercedes-S-Klasse, der dort ein bisheriges PC-ABS-Teil ersetzt. Zum Erstaunen vieler Teilnehmer zeigte Herr Prömper auf, dass Johnson Control bereits seit über 30 Jahren in Italien WPC-Materialien in Fiat-Automobilen einsetzt, freilich ohne bisher den Begriff WPC für diese zu verwenden.

WPC wurden also weder in Schweden oder den USA erfunden, sondern werden schon seit mindestens 30 Jahren in der europäischen Automobilindustrie als kostengünstige Materialien z.B. in den Türinnenverkleidungen genutzt.

Weitere Vorträge beschäftigten sich intensiv mit dem Rohstoff Holzmehl und Holzfasern und ihren Einfluss auf die WPC-Eigenschaften. Eine Vortragssession befasste sich mit der “Marktakzeptanz von WPC in verschiedenen Branchen”, eine weitere mit “Qualitätsstandards und Normung” und “Dauerhaftigkeit”.

Am zweiten Tag lag der Schwerpunkt bei den WPC-Produzenten selber. Sechs führende Unternehmen stellte ihre Produkte, Firmen- und Marketing-Philosophie vor. Dabei wurde ungewöhnlich offen über Schwachstellen und Optimierungsbedarf gesprochen.

Die letzte Session “Neue Entwicklungen” gab fünf Unternehmen und Instituten Raum, ihre neuesten Entwicklungen im Bereich WPC vorzustellen. Hierzu gehörten u.a. die Herstellung von WPC-Produkten im Rotationsgussverfahren sowie die Herstellung von Hightech-Holzplatten.

Fachgruppen-Gründungen

Am ersten Kongresstag, dem 8. November, wurde die neue Fachgruppe WPC unter dem Dach des Verbandes der Deutschen Holzwerkstoffindustrie e.V. (VHI), Gießen, ins Leben gerufen. Vorsitzender der Fachgruppe, die zunächst aus vier Gründungsmitgliedern besteht, ist der geschäftsführende Gesellschafter der Kosche Profilummantelung GmbH, Much (NRW), Gerhard Kosche.

“Innerhalb der WPC-Branche sind wir immer noch in der Produktentwicklungsphase, es wurde schon viel erreicht, aber es gibt auch noch viel zu tun. Ein Schritt in die richtige Richtung ist sicherlich die Gründung der Fachgruppe, in der wir uns das Ziel gesetzt haben, Normen, Prüfverfahren und Zertifizierungsmöglichkeiten für den alternativen Werkstoff zu finden und festzuhalten. Ganz wichtig ist uns aber auch, den Werkstoff und seine Möglichkeiten in der Öffentlichkeit mehr und mehr publik zu machen”, erklärte Gerhard Kosche auf Befragen der K-ZEITUNG auf dem Kongress in Köln.

Aber auch von Seiten der Kunststoffindustrie wurde auf der Konferenz die Gründung einer Arbeitsgruppe WPC angeregt. Der Branchenverband “Arbeitskreis Verstärkte Kunststoffe – Technische Vereinigung (AVK-TV)“, Frankfurt, hatte wie der VHI den WPC-Kongress dazu genutzt, interessierte Unternehmen einzuladen. Die eigentliche Gründung der Arbeitsgruppe WPC soll im Januar 2006 in Frankfurt erfolgen.

Auf das Unverständnis, das die Gründung zweier WPC-Fachgruppen bei vielen Teilnehmern auslöste, meinte Veranstalter Karus: “Der Kongress hat gezeigt, dass die Holz- und die Kunststoffindustrie in verschiedenen Sprachen sprechen. Es ist von daher vielleicht keine schlechte Idee, zwei Verbände zu gründen, anstatt einen, in dem die Interessenlagen so inhomogen sind, dass es zu einer Blockade kommt. Verbände funktionieren nur, wenn die Mitglieder ähnliche Ziele verfolgen. Diese können vermutlich einfacher in einer WPC-Holzwerkstoff-Gruppe und einer WPC-Kunststoff-Gruppe identifiziert werden. Natürlich müssen anschließend beide Seiten auf Fachgruppen-Ebene Normen etc. miteinander abstimmen.”

Dem Wunsch der Zusammenarbeit beider Gruppen, der von Karus und vielen Teilnehmern erhoben wurde, werden VHI und AVK wohl folgen. Bereits auf dem WPC-Kongress gab es intensive Diskussionen zwischen beiden Gruppen.

Fazit

Insgesamt erlebte man eine neue Branche im Aufschwung, eine Branche mit großen Potenzialen, die es zu nutzen, aber auch mit Hemmnissen und Risiken, die es zu überwinden gilt. Zu beidem hat der Kongress einen Beitrag leisten können.

Ziel des nova-Instituts war es, diesen Kongress ins Leben zu rufen, um die Interessen und Branchen zusammen zu führen – dies ist gelungen. Durch die Konzeption, vor allem Hersteller und Anwender zu Wort kommen zu lassen, gelang es, sich von anderen Veranstaltungen abzugrenzen und neue Akteure für das Thema WPC zu begeistern. Der WPC-Kongress soll, mit weiter zu entwickelndem Konzept, von nun an regelmäßig stattfinden.

Auf der Internetseite des WPC-Kongresses (www.wpc-kongress.de) finden Sie folgende Materialien:

  • Die komplette Marktstudie des nova-Instituts zum Thema WPC (89 S.) (kostenfrei)
  • Das Kongress-Magazin (40 S.) (kostenfrei als PDF, gegen Bearbeitungsgebühr als Broschüre)
  • Sämtliche 298 Teilnehmer mit Namen, Firma und E-Mail-Adresse.
  • Diesen Pressetext als PDF (bitte bei Bedarf bitte die Word-Version bei dominik.vogt@nova-institut.de anfordern)
  • Die CD-ROM mit sämtlichen Vorträgen und Grußworten zum Ersten Deutschen WPC-Kongress kann in Kürze auf der Internetseite bestellt werden – für Kongress-Teilnehmer kostenfrei und für andere Interessenten zum Preis von 185,- € inkl. 16% MwSt.

Der Pressetext zum Ersten Deutschen WPC-Kongress kann aber auch hier als PDF-Dokument heruntergeladen werden.

nova-Institut GmbH
v.i.S.d.P.: Dipl.-Phys. Michael Karus (Geschäftsführer)
Goldenbergstr. 2
50354 Hürth
Tel.: 02233-94 36 84
Fax: 02233-94 36 83
E-Mail: contact@nova-institut.de
Internet: www.nova-Institut.de/nr; www.wpc-kongress.de;

(Vgl. Meldungen vom 2005-11-15 und 2005-11-14.)

Source

Pressemitteilung des nova-Instituts vom 2005-11-17.

Share

Renewable Carbon News – Daily Newsletter

Subscribe to our daily email newsletter – the world's leading newsletter on renewable materials and chemicals

Subscribe