nova-Kongressbericht: Chancen und Risiken für Einjahrespflanzen im Zellstoffbereich

In Amsterdam fand vom 17. bis 18. Oktober 2001 die Konferenz “Cost-Effectively Manufacturing Paper & Paperboard From Non-Wood Fibres & Crop Residues” (dt.: “Kosteneffektive Produktion von Papier und Pappe aus Einjahrespflanzen und deren
Reststoffen”) statt. Veranstalter war “Pira International“, ein renommierter englischer Wissensvermittler aus dem Bereich Zellstoff und Papier.
Auf der zweitägigen Konferenz, zu der ca. 60 Experten aus der ganzen Welt gekommen waren, ging es um Märkte, neue Produktionstechniken und geeignete Einjahrespflanzen, insbesondere auch Faserpflanzen.

Die Marktanalysen zeigten, dass die hochpreisigen Spezialzellstoffmärkte, in denen vor allem Faserpflanzen wie Abaca, Hanf und Flachs in Produktlinien wie Teebeutel (Abaca) und Zigarettenpapiere (Hanf und Flachs) zum Einsatz kommen, eher schrumpfende Märkte sind. Michael Karus vom nova-Institut stellte hierzu eine Studie über die Spezialzellstoffmärkte in der Europäischen Union vor. Andere Vorträge zeigten für preiswertere zellulosehaltige Agrarsekundärrohstoffe, wie Getreide- und Reisstroh, Bagasse (Reststoff der Zuckerrohrverarbeitung) und Bambus interessante Märkte im “normalen” Zellstoff- und Papierbereich wie z.B. für Zeitungs- und Schreibpapiere. Dies gilt insbesondere für die asiatischen und nordafrikanischen Länder ohne eigene Holzwirtschaft.

In Kanada werden seit Jahren Verwertungsmöglichkeiten für die anfallenden, großen Mengen Ölleinstroh gesucht. Wade Chute vom Alberta Research Council (Kanada) zeigte Versuche, in denen nicht-aufgeschlossenes Ölleinstroh für die qualitative Verbesserung von Zellstoff aus Altpapier eingesetzt wurde. Die Ergebnisse sind vielversprechend.

Eine besondere Karriere als Faserpflanze und Zellstofflieferant scheint Kenaf bevorzustehen. Mehrere Vorträge setzten sich mit dem Potenzial von Kenaf, pflanzenzüchterischen Fortschritten und vor allem auch mit Anbauversuchen in den USA auseinander. Es ist beachtlich, welche Dynamik sich hier in den letzten Jahren entwickelt hat. Ein guter Anlaufpunkt für Interessierte ist die “American Kenaf Society” mit ihrem Slogan “Kenaf – Fiber For Our Future”.

John Hobson von Hemcore (UK) gab einen Überblick über die europäische Hanfwirtschaft und neue Wege der Nutzung von Hanf im Zellstoffbereich. Die europäische Hanfwirtschaft setzt dieses Jahr mehr Fasern ab als in den letzten 20 Jahren. Dies liegt vor allem an der Automobilindustrie, die zum einen immer mehr Naturfasern verwendet und zum anderen immer stärker auf Hanf und Kenaf setzt. Verlierer sind aus technischen Gründen Jute und Sisal (Schmelzen und Öle auf den Fasern) und aus ökonomischen Gründen Flachs (schwankende Preise aufgrund von Modewellen).

Im Spezialzellstoffbereich sieht John Hobson – wie die anderen Experten – keinen Zukunftsmarkt, der über die bestehenden Märkte im Zigarettenpapierbereich hinausginge. Derzeit gäbe es in der EU nur vier Fabriken, die Hanf- und Flachszellstoff verarbeiten könnten: eine in Großbritannien (Fletcher), zwei in Frankreich (PDM) und eine in Spanien (Celesa). Fletcher hat aufgrund von internen Problemen die Fabrik vor zwei Monaten geschlossen und sucht noch einen neuen Eigentümer.

Für Hobson liegt die Zukunft von Hanf im Papierbereich: in “umweltfreundlichen Druck- und Schreibpapieren” (z.B. 80 % Altpapier und 20 % Hanf). Hier gäbe es einen Markt und gute Marketingargumente. Was fehlt, ist eine geeignete Zellstoffproduktion, die ökologisch besser arbeitet als die bestehenden Anlagen und deutlich preiswerter produziert als die Anlagen für den Spezialzellstoffbereich.

Auf dem Kongress wurden verschiedene neue Produktionstechniken vorgestellt, die sich vor allem durch eine umweltfreundlichere Produktion von Einjahreszellstoffen auszeichneten. Die Umweltbelastung der bestehenden Anlagen wird auch in Nordafrika und Asien zunehmend als Problem gesehen, so wurden allein in China ca. 2.000 Anlagen stillgelegt. Gesucht werden Produktionsweisen, die aus den zellulosehaltigen Agrarsekundärrohstoffen wie Bagasse, Weizen- und Reisstroh bei möglichst geringer Umweltbelastung Zellstoff produzieren können. Beispielhaft sei hier das MiniMill-Konzept der “Bioregional Minimill Ltd.” genannt, das von Sue Riddlestone präsentiert wurde, und das aus Deutschland stammende Konzept der Firma “Natural Pulping AG“, das von Sven Siegle vorgestellt wurde. Eine erste Pilotanlage ist derzeit bei Stuttgart in Bau.

Insgesamt zeigte die Konferenz ein sehr differenziertes Bild von den Chancen und Risiken in diesem sehr speziellen Gebiet der Einjahrespflanzen-Zellstoffe.

Autor: Michael Karus (nova)
Endredaktion: Marion Kupfer (nova)
Quellen: Eigener Kongress-Bericht.

© nova-Institut 2001

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Eigener Kongress-Bericht.

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