Neues Großprojekt: Bioenergiepark für 250 Millionen Euro

Initiatoren Neue Vermögen AG und BioMa AG stellen 200 Arbeitsplätze in Aussicht - Unterstützung durch Degussa

Die Neue Vermögen AG und die BioMA Energie AG planen den Bau eines Bioenergieparks in der Gemeinde Tacherting in Nachbarschaft zu Degussa und Linde. Das in dieser Form weltweit einzigartige Großprojekt mit einem Investitionsvolumen von rund 250 Millionen Euro soll im Endausbau in spätestens drei Jahren rund 200 neue Arbeitsplätze bieten.

Die Pläne sehen für den Standort ein ganzheitliches Flächennutzungskonzept vor, das verschiedene Technologien unter einem Dach vereint und eine nach heutigem Stand der Technik optimale Nutzung nachwachsender Rohstoffe für die Erzeugung von Strom, Wärme und Biokraftstoffen bei minimaler Belastung der Umwelt erlaubt. In Ergänzung dazu ist ein Erlebnispark mit Besucherzentrum vorgesehen.

Die Finanzierung des Projekts liegt in den Händen der Initiatoren – der BioMa Energie AG, die bereits vier Bio-Masse-Kraftwerke in Österreich gebaut hat und betreibt sowie ihrer Muttergesellschaft, dem in Traunstein ansässigen unabhängigen Vermögensverwalter Neue Vermögen AG – und einem deutsch-österreichischen Bankenkonsortium.

Die Neue Vermögen AG hat sich seit ihrer Gründung vor rund sieben Jahren als eine der ersten Adressen der Branche in ganz Deutschland entwickelt. Vorstand Ferdinand Fiedler, selbst seit Generationen in der Region verwurzelt, bekennt sich darüber hinaus zu einer Leidenschaft fürs Holz. In seiner Freizeit bewirtschaftet er ein Sägewerk für Stämme in Übergröße.

Betrieben werden soll der Bioenergiepark von einer noch zu gründenden Gesellschaft, an der sich auch Anleger aus der Region beteiligen können. Fiedler kalkuliert mit einem künftigen Jahresumsatz von rund 100 Mio. Euro und Erträgen von 25 bis zu 40 Millionen, hauptsächlich über Strom-, Wärme- und Kraftstoffverkauf, aber auch durch das Besucherzentrum.

Das Projekt, das die Initiatoren jetzt gemeinsam in Tacherting vorstellten, hat bereits im Vorfeld erste Hürden genommen. Die technischen Anlagen sollen auf einem Grundstück der Degussa, das bereits als Industriegebiet gewidmet ist, entstehen.

Der in der Nachbarschaft konzipierte Erlebnispark zum Thema nachwachsende Rohstoffe soll auf einem Mischgebiet gebaut werden. Um Verfahren, die sich alle im Rahmen der Widmungen bewegen sollen, zu beschleunigen, hat die Regierung von Oberbayern bereits die Kompetenzen an das Landratsamt Traunstein übertragen.

Wie sehr sich das Thema Bioenergie und ihre intelligente Nutzung als Attraktion entwickeln kann, das belegen die Initiatoren mit einem Kraftwerk, das die BioMa bereits in Pfaffenhofen betreibt.

Die Gemeinde Tacherting stehe überdies voll zu dem Projekt, betonte Bürgermeister Rudolf Schenkl jetzt bei der Präsentation im Rathaus. Auch der erste Info-Termin mit Anliegern ist für das Projekt positiv verlaufen.

Der Technologiepark soll zudem eng mit der Grundlagenforschung und den anwendungsorientierten Forschungsaktivitäten im Bereich der erneuerbaren Energien verzahnt werden.In diesem Kontext ist der Aufbau eines Kompetenzzentrums zur Erforschung und Weiterentwicklung von Verfahren zur Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen geplant.

Die Projektinitiatoren verstehen diesen Teil des Bioenergieparks dabei als Ergänzung zu dem Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe in Straubing, in dem die Staatsregierung die Aktivitäten rund um die nachwachsenden Rohstoffe in Bayern gebündelt hat.

Der Bioenergiepark soll aber auch eine wichtige Vorführ- und Vorbildfunktion erfüllen. Hierzu soll vor allem das in den Technologiepark eingebundene Begegnungszentrum dienen.

Die Degussa unterstütze die Ansiedlung des Bioenergieparks mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln, bekräftigten jetzt Dr. Joachim Semel und Stefan Greger für die Standorte an der Alz.

Das erklärte Ziel der Projektinitiatoren wie auch der Degussa AG ist es, wie sie in Tacherting erklärten, “den südostbayerischen Standort zu sichern und die regionale Industrie und damit letztlich auch die Region insgesamt wirtschaftlich zu stärken.”

Konkret sollen in dem Bioenergiepark ein Biomasse-Heizkraftwerk sowie Produktionsanlagen für die Herstellung von Biokraftstoffen (Biodiesel und Bioethanol) und Holzpellets entstehen. Als Energieträger sollen ausschließlich unbelastete natürliche Rohstoffe – Holz, Getreide und Ölsaaten, vorwiegend aus der Region – zum Einsatz kommen.

Unter diesen Bedingungen gilt die Wärme- und Energiegewinnung aus nachwachsenden Rohstoffen als zukunftsweisend, da hierbei nur so viel Kohlendioxid freigesetzt wird, wie bei dem Wachstum der Pflanzen zuvor gebunden wurde und die Stickoxidbelastung deutlich unter den strengen gesetzlichen Grenzwerten bleibt.

Als weiteren Pluspunkt nennt Ferdinand Fiedler: “Durch die Einbindung der heimischen Land- und Forstwirtschaft in den Kreislauf bleibt ein hoher Teil der finanziellen Wertschöpfung in der Region.”

So sollen im Bioenergiepark selbst über 200 neue Arbeitsplätze entstehen. Die indirekten Beschäftigungseffekte, etwa in der Land- und Forstwirtschaft sowie im Tourismus- und Gastronomiegewerbe, sind hierin noch nicht berücksichtigt.

Fiedler: “Dabei könnte sich der Bioenergiepark durchaus zu einem neuen Besuchermagneten der Tourismusregion Chiemgau entwickeln.” Damit leiste das Vorhaben zugleich einen Beitrag zu dem unter der Überschrift “High-Tech in Südostbayern” angestrebten Strukturwandel im Bayerischen Chemiedreieck.

Rund 400.000 Tonnen Getreide – Roggen und Weizen – und rund 150.000 Tonnen Ölsaaten – Raps, Leindotter und Sonnenblumen – sollen den Plänen zufolge in der ersten Ausbaustufe verarbeitet werden.

Damit lassen sich pro Jahr etwa 50.000 Tonnen Biodiesel und etwa 120.000 Tonnen Bioethanol herstellen – genug um 25.000 bzw. 50.000 Kraftfahrzeuge mit einer jährlichen Fahrleistung von 20.000 Kilometern ein Jahr lang mit reinem Biokraftstoff zu versorgen. Etwa 90 Prozent der Logistik sollen über den Bahnanschluss des Standorts abgewickelt werden.

Das Biomasse-Heizkraftwerk ist für rund 20 Megawatt Stromleistung und etwa 80 bis 90 Megawatt Wärmeleistung ausgelegt, genug um rund 40.000 Haushalte und die Firmen vor Ort Jahr für Jahr mit Strom und Wärme zu versorgen.

Zum Vergleich: In herkömmlichen Kraftwerken wären hierzu etwa 70 Millionen Liter Heizöl pro Jahr notwendig. Die Brennrückstände sollen als mineralischer Dünger den Weg zurück in die Böden der Land- und Forstwirte finden.

In der Pellet-Produktionsanlage sollen mit dem Biostrom und der bei der Stromproduktion anfallenden Wärme jährlich rund 30.000 Tonnen Holzpellets hergestellt werden, die als umweltschonende Alternative zu fossilen Brennstoffen in Feuerungsanlagen für die Wärmegewinnung genutzt werden können.

Die Realisierung des Projekts hängt nun noch vom Ausgang des Baugenehmigungsverfahrens und der Entwicklung der steuerrechtlichen Rahmenbedingungen ab.

Der Koalitionsvertrag der Großen Koalition hatte in seiner ursprünglichen Fassung eine Ablösung der in Deutschland bislang bestehenden Steuerbegünstigung für Biokraftstoffe durch eine Beimischungspflicht vorgesehen.

Diese Formulierung im Koalitionsvertrag hatte Anlass zu Spekulationen über die Zukunft der in Deutschland bereits erfolgreich etablierten Vermarktung von reinen Biokraftstoffen gegeben, denn ein vollständiger Wegfall der Steuerbegünstigung würde für die Vermarktung von reinen Biokraftstoffen aus Deutschland das Aus bedeuten.

Source

pnp online vom 2005-01-20.

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