Neue Katalysatoren für die Erzeugung nachhaltiger Energieträger

Innovatives Verfahren hilft Kobalt in Fischer-Tropsch-Synthese einzusparen

Eine europäische Forschungsgruppe unter Beteiligung von Prof. Dr.-Ing. Andreas Jess vom Zentrum für Energietechnik (ZET) der Universität Bayreuth hat neuartige Katalysatoren für die Fischer-Tropsch-Synthese entwickelt. Die nur zu einem geringen Teil aus Kobalt bestehenden Partikel können die industrielle Produktion synthetischer Kraftstoffe verbilligen und erlauben eine bessere Steuerung der daran beteiligten chemischen Prozesse. In der Fachzeitschrift “Angewandte Chemie International Edition” stellen die Forscher ihre Ergebnisse vor. Die neuen Katalysatoren können möglicherweise auch zur Lösung des Problems beitragen, wie sich große Mengen von Solar- und Windstrom speichern lassen.

Kobalt – ein vielgefragtes und teures Material für Katalysatoren
Weltweit kommt heute bei der Produktion synthetischer Kraftstoffe ein industrielles Verfahren zum Einsatz, das in den 1920er Jahren in Deutschland entwickelt wurde: die Fischer-Tropsch-Synthese. Dabei werden auf der Grundlage von Kohle oder Erdgas flüssige Kohlenwasserstoffe gewonnen, die anschließend zu hochreinen Kraftstoffen – insbesondere zu Dieselöl und Flugturbinenkraftstoff – weiterverarbeitet werden. Falls in den kommenden Jahrzehnten weniger preisgünstiges Erdöl auf den Weltmärkten zur Verfügung steht, sind synthetische Kraftstoffe, die aus Kohlenstoff und Wasserstoff hergestellt werden, eine zunehmend interessante Alternative.

Die an der Fischer-Tropsch-Synthese – kurz: FTS – beteiligten chemischen Prozesse können allerdings nur dann in der gewünschten Weise ablaufen, wenn Katalysatoren diese Prozesse in Gang setzen und steuern. Alle Industrieunternehmen, welche die FTS zur Gewinnung flüssiger Kohlenwasserstoffe einsetzen, bevorzugen hierfür zumeist Katalysatoren, die zu einem erheblichen Anteil aus Kobalt bestehen. Denn Kobalt gilt als dasjenige Metall, das für den industriellen Einsatz der FTS optimal geeignet ist. Doch Kobalt ist ein vergleichsweise teures Metall, das in unterschiedlichen Wirtschaftszweigen benötigt wird. Die Europäische Kommission zählt es in einem 2010 veröffentlichten Bericht zu denjenigen Metallen, die für den Industrie- und Technologiestandort Europa von zentraler Bedeutung sind.

Neue maßgeschneiderte FTS-Katalysatoren: kostengünstig und zielgenau
Lässt sich also der teure Kobalt-Anteil der FTS-Katalysatoren verringern, ohne die von der Industrie geforderte Effizienz dieser Katalysatoren zu schwächen? Diese Frage stand am Anfang eines internationalen Projekts, in dem der Lehrstuhl für chemische Verfahrenstechnik bzw. das Zentrum für Energietechnik der Universität Bayreuth (ZET) mit der Universität Amsterdam, der Universität Lille und einem Forschungszentrum der Total S.A. in Paris zu- sammengearbeitet haben.

Der Forschungsgruppe ist es gelungen, neuartige FTS-Katalysatoren zu entwickeln und zu testen, die alle die gleiche Grundstruktur aufweisen: Sie bestehen aus einem magnetischen Kern und einer Schale aus Kobalt. Diese Schale muss höchstens 1 Nanometer – also ein Millionstel Millimeter – dick sein, damit die Partikel in der gewünschten Weise als FTS-Katalysator fungieren. Folglich enthalten die Partikel erheblich weniger Kobalt als die in der Industrie bisher üblichen Katalysatoren. Für den metallischen Kern kommen unterschiedliche Metalle infrage, beispielsweise Eisen, Kupfer oder Magnesium – wobei sich bei der Verwendung von Eisen die geringsten Kosten ergeben.

Das von den europäischen Partnern entwickelte Verfahren zur Herstellung dieser FTS-Katalysatoren gewährleistet, dass der zweistufige Aufbau aus magnetischem Kern und kobalthaltiger Schale während der Katalyse erhalten bleibt, so dass die Partikel mehrfach verwendet werden können. Hinzu kommt, dass sich die Größe der Partikel nanometer- genau festlegen lässt. Auch dies ist ein wesentlicher Vorteil: Denn die Partikelgröße beeinflusst nicht nur die Geschwindigkeit, sondern auch das Ergebnis der Katalyse. Genauer gesagt: Von der Größe der Partikel hängt es ab, wie sich das Gemisch unterschiedlicher Substanzen, das bei der FTS herauskommt, zusammensetzt. So wurde in den Bayreuther Laboratorien beispielsweise mit hoher Präzision ermittelt, wie dick Schale und Kern sein müssen, damit in diesem Gemisch ein 20prozentiger Anteil von Alkenen enthalten ist.

“Unser neues Verfahren macht es möglich, in Bezug auf die jeweils angestrebten Katalyse- Ergebnisse maßgeschneiderte FTS-Katalysatoren herzustellen”, erklärt Prof. Jess. “Gerade deshalb ist es eine durchaus vielversprechende Innovation für Industrieunternehmen, die sich auf die Produktion synthetischer Kraftstoffe spezialisiert haben.”

Flüssige Kohlenwasserstoffe – ein Speichermedium für Solar- und Windstrom?
Die Bayreuther Ingenieurwissenschaftler haben aber noch einen weiterreichenden Nutzen der neuen Katalysatoren im Blick. Bei der Gewinnung von Strom aus Sonnen- und Windenergie stellt sich das Problem, dass die erzeugten Strommengen den jeweiligen Bedarf bisweilen weit übertreffen; eine weitere Herausforderung ist es, den beispielsweise an der Meeresküste erzeugten Strom über Hunderte oder sogar Tausende von Kilometern zu den Verbrauchern zu transportieren. Eine 2012 gegründete Helmholtz-Energie-Allianz, an der auch Prof. Jess mit dem Bayreuther Lehrstuhl für Chemische Verfahrenstechnik und dem ZET teilnimmt, widmet sich dieser doppelten Problematik. Die Forschungspartner untersuchen, ob es einen kostengünstigen Weg gibt, synthetisch hergestellte flüssige Kohlen- wasserstoffe als Speicher für überschüssigen Solar- und Windstrom zu nutzen.

Ausgangspunkt des Projekts ist die Idee, diesen Strom zu verwenden, um durch Elektrolyse aus Wasser Sauerstoff und Wasserstoff zu erzeugen. Der Wasserstoff soll dann mit dem Treibhausgas Kohlendioxid, das beispielsweise bei Kohlekraftwerken anfällt und aus dem Rauchgas abgetrennt werden kann, so zusammengeführt werden, dass ein hochreines Synthesegas entsteht. Dieses Synthesegas bildet wiederum die Grundlage für die Herstellung flüssiger Kohlenwasserstoffe. Genau diesen Prozess können die neuen FTS- Katalysatoren unterstützen.

Über das Zentrum für Energietechnik (ZET)
Das Zentrum für Energietechnik (ZET) bündelt Expertise und Aktivitäten der Fakultät für Ingenieurwissenschaften der Universität Bayreuth. Die derzeit acht Lehrstühle, die zum Zentrum beitragen, decken mit ihrer Kompetenz thermische, chemische, biologische und elektrische Aspekte der Erzeugung, Übertragung, Speicherung und Nutzung von Energie ab. Unternehmen, Kommunen und andere Interessenten finden im ZET eine zentrale Anlaufstelle für alle Energiefragen.

Kontakt
Prof. Dr.-Ing. Andreas Jess
Lehrstuhl für Chemische Verfahrenstechnik Zentrum für Energietechnik (ZET) Universität Bayreuth
D-95440 Bayreuth
Tel.: +49 (0) 921 55-7430 und -7431
E-Mail: andreas.jess@uni-bayreuth.de

Source

Universität Bayreuth, Pressemitteilung, 2013-05-21.

Supplier

Universität Bayreuth

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