Klima- und Energieprogramm: Branchenreaktionen vorwiegend positiv

Am 5. Dezember hat das Bundeskabinett das Paket zum Integrierten Klima- und Energieprogramm (IKEP) verabschiedet. Es umfasst 14 Gesetze und Verordnungen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen und zum Umbau der Energieversorgung hin zu mehr Effizienz und Erneuerbaren Energien. (Vgl. Meldung vom 2007-12-06) Branchenverbände reagierten im Grundsatz positiv, im Detail wurden Nachbesserungen verlangt. Nachfolgend werden Stellungnahmen des Bundesverband BioEnergie (BBE), des Fachverbands Biogas, der UFOP sowie – in Auszügen – des Deutschen Bauernverbands (DBV) wiedergegeben.

Bundesverband BioEnergie
Der Bundesverband BioEnergie (BBE) begrüßt grundsätzlich das heute vom Bundeskabinett verabschiedete Integrierte Klima- und Energieprogramm und anerkennt die von der Bundesregierung angestrebte Führungs- und Vorbildrolle für die gegenwärtig stattfindenden internationalen Klimaverhandlungen in Bali. Die in dem nationalen Klimapaket enthaltenen und für die Bioenergie maßgeblichen Gesetzesentwürfe des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) für den Marktausbau der Bioenergie im Strommarkt und des Erneuerbare Energien Wärmegesetzes (EEWärmeG) für den Marktausbau der Bioenergie im Wärmemarkt gehen aus Sicht des BBE von ihren Zielsetzungen in die richtige Richtung, bedürfen in ihrer konkreten Umsetzung aber noch einer deutlichen inhaltlichen Nachbesserung im parlamentarischen Verfahren, um die nationalen Klimaschutzziele auch tatsächlich erreichen und verlässliche Investitionsgrundlagen für die Bioenergiebranche sicherstellen zu können. Gleichzeitig mahnt der BBE an, dass das verabschiedete nationale Klimapaket die dringend notwendigen gesetzlichen Regelungen zur Existenzsicherung des deutschen Biokraftstoffmarktes vermissen lasse. Der BBE fordert daher erneut, umgehend die für den 1.1.2008 im Energiesteuergesetz angekündigten Steuererhöhungen für Biodiesel und Pflanzenöl als Reinkraftstoff auszusetzen und gleichzeitig die Beimischungsquoten für Biokraftstoffe zu erhöhen.

Perspektivisch hält der Bundesverband BioEnergie (BBE) unter der Voraussetzung verlässlicher politischer und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen eine weitere Steigerung des Marktanteils der Bioenergie im Stromsektor von 3% in 2006 auf mindestens 5% bis 2010, auf mindestens 10% bis 2020 und auf mindestens 15% bis 2030 für realistisch. Die Sicherung und effiziente Weiterentwicklung des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) ist hierzu aus Sicht des BBE ein unerlässlicher Erfolgsfaktor. Vor diesem Hintergrund begrüßt der BBE einerseits den vorliegenden Gesetzesentwurf zur Novellierung des EEG und sieht an verschiedenen Stellen bereits entsprechend der Marktentwicklung notwendige Weiterentwicklungen des EEG umgesetzt. Andererseits fordert der BBE jedoch bei den konkreten Vergütungsregelungen für die Bioenergie noch eine Reihe inhaltlicher Nachbesserungen mit Berücksichtigung der gestiegenen Investitions- und Biomassekosten sowie einer praxistauglichen und technologiegerechten Handhabung des Gesetzes ein, welche im anstehenden parlamentarischen Verfahren umgesetzt werden müssen. Zudem mahnt der BBE ein zügiges Gesetzgebungsverfahren und ein schnelles Inkrafttreten der EEG-Novelle ein.

Die Ziele der Bundesregierung zum Ausbau der erneuerbaren Energien durch ein Erneuerbare Energien Wärmegesetz (EEWärmeG) werden grundsätzlich durch den BBE begrüßt und unterstützt. Für den Wärmemarkt schätzt der BBE nach vorliegenden Studien einen Marktausbau der Bioenergie von 5,8% in 2006 auf mindestens 10% bis 2020 und auf mindestens 15% bis 2030 für realistisch ein. Perspektivisch bestehen große Ausbaupotenziale für die Bioenergie im Wärmemarkt durch die Mobilisierung der ungenutzten Waldholzpotenziale, durch den Einsatz von Stroh und Getreide sowie durch den Anbau und die Nutzung von schnellwachsenden Baumarten (z.B. Weiden, Pappeln, Robinien) und sonstiger geeigneter Energiepflanzen und Pflanzenreste. Um diese Ziele zu erreichen greife der vorliegende ordnungsrechtliche Ansatz des EEWärmeG aber deutlich zu kurz, da zum einen nur Neubauten und nicht die zahlenmäßig viel bedeutenderen Altbaubestände von der gesetzlichen Nutzungspflicht zum Einsatz erneuerbarer Energien umfasst werden und zum anderen das Gesetz zu viele Ersatzmaßnahmen und Schlupflöcher an Stelle des Einsatzes von Erneuerbaren Energien zulasse.

Positiv würdigt der BBE die vorgesehene Anhebung der Fördermittel des Marktanreizprogrammes zur Förderung erneuerbarer Energien (MAP) auf jährlich bis zu 500 Mio. €, welches durch die im MAP gewährten Investitionszuschüsse positive Anreize für die Installation von Bioenergieanlagen im privaten und kommunalen Bereich biete. Der BBE mahnt jedoch gleichzeitig an, dass diese 500 Mio. € als Mindestsumme fest im Gesetz verankert werden müssen, damit eine verlässliche Größe für den weiteren Marktausbau und Neuinvestitionen gegeben ist. Weiterhin fordert der BBE, dass die bisherigen MAP-Förderungen von Holzpelletsanlagen, Scheitholzvergaserkessel und Holzhackschnitzelanlagen durch attraktive Investitionszuschüsse auch im neuen MAP sichergestellt und mit Stetigkeit fortgeführt werden müssen. Gleichzeitig dürfe der Marktausbau der Bioenergie im Wärmemarkt nicht durch nicht dem Stand der Technik entsprechende Regelungen und Grenzwerte bei der derzeit novellierten 1. Bundesimmissionsschutzverordnung (1. BImschV) konterkariert werden.

Der BBE befürwortet weiterhin die heute im Bundeskabinett behandelte Biomasse-Nachhaltigkeits-Verordnung (BioNachV). Für den weiteren Marktausbau der Bioenergie im Strom-, Wärme- und Kraftstoffmarkt fordert der BBE eine Nachhaltigkeit der Biomasseproduktion und –nutzung, insbesondere für Biomasseimporte, ein. Die in Strom-, Wärme- und Kraftzstofferzeugungsanlagen eingesetzten Biomassen müssen die an europäischen Standards angelehnten Nachhaltigkeitskriterien der guten fachlichen Praxis in der Land- und Forstwirtschaft erfüllen, um ein Umwelt- und Sozial-Dumping durch Biomasse-Importe ausdrücklich zu verhindern. Dies dürfe im Umkehrschluss aber nicht bedeuten, dass die konkret vorliegenden Kriterien und Berechnungsmethoden der Biomasse-Nachheitigkeits-Verordnung eine nachhaltige heimische Biomasseproduktion gegenüber Biomasseimporten aus Übersee benachteilige. Auch hier sieht der BBE dringenden Korrekturbedarf im parlamentarischen Verfahren.

Fachverband Biogas
Der Fachverband Biogas e.V. begrüßt grundsätzlich die neuen Regelungen für Biogas im vorliegenden EEG-Kabinettsentwurf. “Die Bundesregierung hat mit den Verbesserungen für Biogas einen Schritt in die richtige Richtung zum Erhalt der Biogasbranche in Deutschland vollzogen,” kommentierte der Präsident des Fachverbandes Biogas e.V., Josef Pellmeyer, den Kabinettsbeschluss. Um die existenzbedrohende Krise der Biogasbranche zu überwinden, seien ein schnelles Inkrafttreten der Biogasregelungen im neuen EEG und mindestens die im Kabinettsentwurf genannten Vergütungshöhen unverzichtbar. Im Detail müsse der Bundestag an mehreren Stellen nachbessern, damit Biogas seinen vorgesehenen Beitrag zu den Zielen beim Klimaschutz sowie den Erneuerbaren Energien tatsächlich leisten könne.

Ein weiteres für Biogas wichtiges Element des beschlossenen Pakets ist die Überarbeitung der Gasnetzzugangsverordnung. Der Entwurf zur Novelle dieser Verordnung sieht zahlreiche Änderungen vor, die es Biogasanlagenbetreibern erleichtern sollen, ihr aufbereitetes Biogas in das Erdgasnetz einzuspeisen. “Gegenüber den Anfängen im Jahre 2003 sind wir ein großes Stück weitergekommen,” zieht Pellmeyer sein erstes Fazit zum Verordnungsentwurf. Allerdings müssten die angedachten Regelungen in der Praxis erst beweisen, dass sie es auch Betreibern von kleinen bis mittelgroßen Biogasanlagen ermöglichen, Biogas ins Erdgasnetz einzuspeisen. Bislang würden nur Energieversorger mit Großanlagen die Biogaseinspeisung realisieren können.

Es dürfe sich hier kein Trend entwickeln, der die Vorteile von standortangepassten und dezentralen Biogasanlagen in Bezug auf geschlossene Nährstoffkreisläufe und die wirtschaftliche Entwicklung in ländlichen Regionen ignoriere.

Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen e.V. (UFOP)
Die Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen e.V. (UFOP) erwartet erhebliche Auswirkungen des Klimaschutzpakets auf die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Biokraftstoffproduktion, die sich auf neue förderpolitische Rahmenbedingungen und einen sich verschärfenden internationalen Wettbewerb einstellen muss.

Kernelemente der Beschlüsse sind:

  • die Ausrichtung der Förderung an der Treibhausgas-Effizienz der jeweiligen Biokraftstoffproduktlinie,
  • die Umstellung von einer volumenbezogenen Biokraftstoffquote auf ein Netto-Treibhausgas-Entlastungsziel,
  • die Einführung von Anforderungen an eine nachhaltige Biomasse- und Biokraftstoffproduktion,
  • die Mitverarbeitung (Hydrotreating) von Pflanzenölen direkt in der Mineralölraffinerie ab 2010, zunächst beschränkt auf einen Anteil von 3%.

Mit dem Ziel, bis 2020 jährlich 20% des Kraftstoffbedarfs durch Biokraftstoffe zu ersetzen, hat sich die Bundesregierung ein hochgestecktes Ziel gesetzt. Die UFOP begrüßt dieses Ziel, das jedoch nur dann zu erfüllen ist, wenn auch in Zukunft eine ausgewogene Förderpolitik den Marktzugang für Biodiesel und Bioethanol ebnet.

Grundsätzlich zu begrüßen ist auch das mit der Nachhaltigkeitsverordnung beabsichtigte Ziel, bei der Erzeugung von Biomasse für Biokraftstoffe Mindestanforderungen an eine nachhaltige Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen sowie zum Schutz natürlicher Lebensräume sicher zu stellen. Mit dem Vorschlag schreibt die Bundesregierung darüber hinaus vor, dass die gesamte Produktions-, Verarbeitungs- und Lieferkette ein bestimmtes Treibhausgas-Verminderungspotenzial aufweisen muss. Darüber hinaus soll ein System eingeführt werden, in dem die Biokraftstoffe entsprechend des jeweiligen Treibhausgas-Verminderungspotenzials der gesamten Produktionskette auf die Erfüllung der Biokraftstoffquoten angerechnet werden können. Nach dem vorgelegten Entwurf für die Standardwerte (Default-Werte) befürchtet UFOP jedoch ganz erhebliche Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Rohstoffe gegenüber Drittlandimporten.

Deutschland ist nicht nur in der Europäischen Union, sondern international das erste Land, das die Mengenverpflichtung im Kraftstoffsektor umstellt auf eine Treibhausgas-Verminderungsverpflichtung. Die hierfür erforderlichen Biokraftstoffmengen werden eine entsprechende Anreizwirkung nicht nur in der Biokraftstoff- sondern auch in der Rohstoffproduktion in Exportländern wie Brasilien, USA und asiatischen Ländern auslösen. Die UFOP begrüßt daher den in der Roadmap Biokraftstoffe von Seiten der Landwirtschaft gemeinsam mit der Fahrzeug- und der Mineralölindustrie gefundenen Kompromiss der begrenzten Zulassung von maximal 3% Hydrotreating. Mit jeder weiteren Öffnung des Hydrotreatings steigt die Abhängigkeit der Biokraftstoffproduktion von der Mineralölindustrie.

Für die weiteren Beratungen des Gesetzespaketes bittet die UFOP zu berücksichtigen, dass bis heute von einem freien Handel im Binnenmarkt als auch auf internationaler Ebene nicht die Rede sein kann, wenn Länder wie USA und Argentinien den Export von Biodiesel zusätzlich subventionieren. Die grundsätzliche Herausforderung für die zukünftige Förderpolitik bei Biokraftstoffen besteht daher darin, zunächst auf europäischer Ebene sowohl steuer- als auch ordnungsrechtlich Rahmenbedingungen zu schaffen, die der heimischen Biokraftstoffproduktion einen fairen Wettbewerb ermöglichen.

Deutscher Bauernverband
Auch der Deutsche Bauernverband (DBV) unterstützt das Klimapaket. Die Umsetzung des integrierten Energie- und Klimaprogramms mit umfangreichen Vor­schlägen zur Energieeinsparung und zum Ausbau erneuerbarer Energien wird allen Bürgern – auch den Land- und Forstwirten – einiges abverlangen. Wesentlicher Bestandteil dabei ist der weitere Ausbau der Bioenergie, womit der besondere Beitrag der Land- und Forstwirtschaft als Partner im Klimaschutz zum Ausdruck kommt.

Der DBV zeigte sich erfreut über die geplante Änderung des Erneuerbare Energien-Gesetzes, das in seiner Grundkonstruktion erhalten werde und damit ein wichtiges Instrument zur Begleitung der Bioenergie in die Markt- und Wettbewerbsfähigkeit bleibe. Durch die Anhebung der Vergütungssätze für bestehende Anlagen würden zudem die gestiegenen Biomassekosten ausgeglichen und diese Anlagen vor dem Ruin gerettet, begrüßte der DBV. Auch würden sinnvolle Anreize für die vermehrte Nutzung von betriebs­eigenen Stoffen in Biogasanlagen, speziell Gülle, geschaffen sowie zum Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung.

Daneben werde mit dem vorgelegten Gaseinspeisegesetz ein wichtiger Schritt zum An­schluss von Biogasanlagen an das Erdgasnetz getan. Allerdings sollte der Verkauf des Biogases deutlich vereinfacht werden, um künstliche Hindernisse bei der Nutzung dieser Bioenergie zu verhindern, betonte der DBV.

Hinsichtlich des Erneuerbare Energien-Wärmegesetzes begrüßte der DBV, dass der Anteil erneuerbarer Energien im Wärmebereich über das Marktanreiz­programm gesteigert werden soll und nicht – wie zuvor geplant – über eine Verpflichtung für Hauseigentümer mit gesetz­lichen Vorgaben zum Einsatz erneuerbarer Energien. Dem­gegenüber stellte der DBV die Bevorzugung der Solarthermie gegenüber der Nutzung von Biomasse bei der Wärme­erzeugung in Haushalten (anstelle einer technologieoffenen Förderung) erneuerbarer Energien in Frage.

Daneben unterstützt der DBV den Versuch der Bundesregierung, eine weltweit nachhaltige Erzeugung von Biokraftstoffen durch ein Zertifizierungssystem sicher zu stellen. Die deutsche Landwirtschaft halte hohe Standards im Natur- und Umweltschutz ein und begrüße ausdrücklich, dass zukünftig auch für Importe von Biomasse gleichwertige Mindeststandards gelten sollen. Um dies sicherzustellen, müsse dieser Ansatz europäisch verankert und international akzeptiert sein, ansonsten hätte ein deutscher Alleingang an dieser Stelle keinen Wert.

Quellen

(Vgl. Meldung vom 2007-08-27.)

Source

BBE, Fachverband Biogas e.V., UFOP und DBV, Pressemitteilungen, 2007-12-05 und 2007-12-06.

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