Hessen: Weltweit erste Grasraffinerie eröffnet

Mit einem Investitionsvolumen von rund 2,9 Millionen Euro hat die Biowert Industrie GmbH in Brensbach im hessischen Odenwald eine funktionsfähige industrielle Grasveredelungsanlage in Betrieb genommen. Geerntetes Wiesengras wird zu Dämmstoffen, Proteinen für die Aromenindustrie, Verbundstoffen aus Polypropylen für Spritzgussverfahren und Grasgülle für den Betrieb der angegliederten Biogasanlagen verarbeitet. Diese neuartige Technologie ist derzeit die einzige ihrer Art weltweit und orientiert sich weitgehend an den Prinzipien der grünen Bioraffinerie. Eröffnet wurde die Anlage am 1. Juni 2007 vom Staatssekretär Karl-Winfried Seif aus dem Hessischen Umweltministerium.

Als Rohstoff für alle erzeugten Zwischen- und Endprodukte dient dem 2005 gegründeten Unternehmen nahezu ausschließlich Wiesengras, geerntet von den umliegenden landwirtschaftlichen Betrieben. Im technischen Sinne als feuchte, faserhaltige Biomasse bezeichnet, werden hieraus vier sehr unterschiedliche Produkte für ebenso viele verschiedene Industriezweige – von der Bau- bis zu Aromenindustrie- zu direktem Einsatz und Weiterverarbeitung hergestellt.

Wichtig ist dem Unternehmen bei allen Aktivitäten, Wertschöpfung im Dreiklang der Dimensionen Ökonomie und Ökologie, verbunden mit sozialer Verantwortung zu realisieren. So wurden in der Standortregion mit ansonsten geringer industrieller Dichte auch bereits einige neue, agrarnahe Arbeitsplätze geschaffen.
Das System Biowert kann in ähnlich ausgeprägten Regionen problemlos dupliziert werden und spricht somit neben Kunden auch Investoren an, die in die Weiterverbreitung der Technologie investieren möchten. Schließlich ist ungefähr ein Viertel der belandeten Erdoberfläche mit Gras bedeckt und bietet somit ein nahezu unerschöpfliches Rohstoffpotential für diese Idee.

Geschäftsleitung
Die Geschäftsleitung der Biowert GmbH besteht aus den beiden Geschäftsführen Dr.Ing. Michael L. Gass und Dipl.-Biol. Roland Rüegsegger. Gass ist neben seiner Funktion als Geschäftsführer auch Präsident des Verwaltungsrates der Biowert Industrie AG (Hallau/Zürich). Beide Geschäftsführer hatten sich bereits vor dem Engagement bei Biowert mit der Produktion und dem Marketing von Fasern intensiv beschäftigt. Vorangegangen waren anspruchsvolle und ergebnisorientierte Führungsaufgaben im Hochschulbereich sowie in namhaften Unternehmen in Deutschland und in der Schweiz.

Nachhaltigkeit als Produktionsfaktor
Die Produktionsanlage, die bis zu 5.000 Tonnen Grassilage im Jahr verarbeiten kann, befindet sich in unmittelbarer Nähe einer Biogasanlage, mit der zusammen sich ein geschlossener Wirkungskreis realisieren ließ. Die Biowert gibt hierbei nicht nutzbare Stoffe aus der eigenen Produktion an die Biogasanlage ab und erhält im Gegenzug Wärme für Prozesswasser und Fasertrocknung. Bei einer vollständigen Nutzung müssen keine anderen Energieträger zugekauft werden. Zudem wird durch die Nutzung von Regen- und Oberflächenwasser so gut wie kein Trinkwasser dem öffentlichen Leitungsnetz entnommen. Die Bearbeitung des Rohstoffes Wiesengras erfolgt rein mechanisch, ohne Einsatz von Chemikalien oder organischen Lösungsmitteln und somit gänzlich ohne schädliche Emissionen. Verbunden mit der CO2-Neutralität der Anlage ist die hier realisierte industrielle Fertigung ohne Umweltbelastung nicht länger nur Utopie.

Die Produkte
Alle Produkte der Biowert GmbH basieren auf dem nachwachsenden Rohstoff Wiesengras, der mit der Zerlegung in seine Bestandteile im Produktionsprozess eine Vielfalt an Produktlösungen bietet.

  • AgriCell BW: Der natürliche Einblasdämmtoff wird als technische Faser aus Wiesengras zur Reduzierung von Energieverlusten im Hausbau und bei der Renovierung eingesetzt. Im Produktionsprozess werden die benötigten Cellulosefasern schonend aus dem Pflanzenverbund herausgelöst, enthalten keine Nährstoffe mehr, sind somit vor Schädlings- und Schimmelbefall geschützt und widerstehen der Verrottung. Der Dämmstoff hat die bauaufsichtliche Zulassung des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt), ist leicht zu verarbeiten und wirkt aufgrund seiner Atmungsaktivität regulierend auf das Raumklima. Der beständige Brandschutz der Brandschutzklasse B2 sorgt für die erforderliche Sicherheit.
  • AgriPlast BW: Kunststoffe aller Art basieren auf Erdöl, das als fossiler Rohstoff in einem absehbaren Zeitraum nicht mehr in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen wird. Die jetzt realisierte Zielsetzung des Biokunststoffs AgriPlast BW ist es, den Bedarf an Erdöl bei der Herstellung von Kunststoffprodukten nachhaltig zu reduzieren. Dies geschieht beim Einsatz von AgriCell BW um rund 40%. Das Granulat ist rieselfähig und kann auf jeder Spritzgussmaschine zu Formteilen wie Löffel, Konsolen, Schutzkoffern, etc. verarbeitet werden. Dabei zeichnet es sich durch eine hervorragende Fliessfähigkeit aus, durch die auch bei der Herstellung von komplexen Formteilen hohe Taktzeiten gefahren werden können. AgriPlast BW Granulate können mit beliebigen Farbpigmenten eingefärbt werden und die Endprodukte sind um bis zu 20% leichter als die gleichen Formteile aus 100% Polyethylen bzw. Polypropylen.
  • AgriProt BW: Das Grasprotein setzt sich aus speziellen hochwertigen Aminosäuren zusammen, die bereits für die Herstellung von Aromen genutzt werden und zukünftig auch für kosmetische Erzeugnisse eingesetzt werden könnten. Zudem kann das Produkt als Futtermittel ohne genveränderte Organismen, GVO-frei, für Hühner und Schweine eingesetzt werden. Das für die Herstellung entwickelte Verfahren basiert auf Ultrafiltration und Umkehrosmose. AgriProt BW wird direkt aus der flüssigen Phase des Biowert-Prozesses isoliert.
  • AgriFer BW: Der alternative NPK Flüssigdünger schont neben seinen guten Produkteigenschaften als Zusatznutzen die knapper werdenden Erdölressourcen. Denn im Gegensatz zu AgriFer BW sind nahezu alle handelsüblichen Stickstoffdünger weitestgehend von Erdöl abhängig.

Kontakt
Biowert Industrie GmbH
64395 Brensbach
Tel.: 06161-87 70 06

Die Pressemitteilung kann hier (PDF-Dokument) heruntergeladen werden.

(Vgl. Nachrichten vom 2006-11-21 und 2001-10-13.)

Source

Biowert Industrie GmbH, Pressemitteilung, 2007-06-01.

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