Gute Marktentwicklung für Biokomposite

Interview mit Dr. Asta Partanen, nova-Institut

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Dr. Asta Partanen (nova-Institut)

Die Marktentwicklung für Biokomposites ist gut: Nach Berechnungen des nova-Instituts wird sich der Marktanteil von bio-basierten Verbundwerkstoffen in Europa in den kommenden 10 Jahren nahezu verdoppeln. Im Interview erklärt Dr. Asta Partanen vom nova-Institut, wo die größten Potentiale schlummern und warum immer mehr Unternehmen in Forschung und Entwicklung von bio-basierten Produktlösungen investieren.

Frau Dr. Partanen, was sind bio-basierte Verbundwerkstoffe?

Unter dem Begriff Biokomposite werden alle Verbundwerkstoffe zusammengefasst, die ganz oder zu einem großen Teil aus Biomasse hergestellt werden. Um Biokomposite zu entwickeln, die für den Einsatz von mechanischen Prozessen sowie für Leichtgewichtkonstruktionen geeignet sind, werden Natur- und Holzfasern mit petrochemischen oder bio-basierten Polymeren kombiniert. Da Nachhaltigkeitsaspekte in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft immer wichtiger werden, bedeutet dies auch, dass Biokunststoffe in den verschiedensten Industriezweigen zunehmend Beachtung finden.

Positive Eigenschaften von Biokompositen sind ihr besonderes Aussehen, ihre Haptik und ihr geringes Gewicht. Das Hauptargument für das steigende Interesse an Biokunststoffen ist und bleibt allerdings ihr Image der Nachhaltigkeit, welches durch ihren extrem geringen CO2-Fußabdruck bedingt ist.

Wo kommen Biokomposite zum Einsatz und wie wird sich der Markt für bio-basierte Verbundwerkstoffe entwickeln?

Wir kennen drei Haupteinsatzbereiche für Bioverbundwerkstoffe. In der Baubranche sind sie recht weit verbreitet, vorzugsweise als Material für Terrassendielen, in Zäunen und auch in Fassaden. Im Automobil-Sektor werden Biokomposite hauptsächlich zur Gewichtseinsparung in Innenverkleidungen eingesetzt. Im Ladenbau und in der Möbelmanufaktur punkten sie mit schöner Haptik sowie einem reizvollen Design. Etliche Konsumgüter bestehen bereits aus Biokompositen und werden im Spritzguss-und im 3D-Druckverfahren hergestellt.

Insgesamt sehe ich die Marktentwicklung für Biokomposite sehr positiv. Nach Berechnungen des nova-Instituts wird der Marktanteil von bio-basierten Verbundwerkstoffen in Europa von über 400.000 t im Jahr 2017 auf mehr als 800.000 t Jahresvolumen bis zum Jahr 2027 anwachsen.

Welches sind die größten Treiber für die Entwicklungen?

Kunden und Unternehmen fragen immer häufiger nach Produkten mit geringerer Umweltbelastung, einem reduzierten CO2-Fußabdruck und mit einem möglichst niedrigen Anteil aus erdölbasierten Kunststoffen. Diese Entwicklung führt unweigerlich zu einem höheren Einsatz von Werkstoffen aus Holz- und Naturfasern und vor allem zu einem höheren Einsatz von bio-basierten Polymeren.

Die Bau- und Automobilindustrie sind die größten Absatzmärkte. In welchen Segmenten sehen Sie weitere Potenziale?

Die Bauindustrie, in der Biokomposite bzw. Holz- und Naturfasern zur Herstellung von Fenstern, Türen, Dämmstoffen, Akustikbauteilen oder auch Terrassendielen verwendet werden, ist der größte Absatzmarkt. Bedeutend wie etabliert ist die Automobilindustrie mit einer Vielzahl an bio-basierten Formpressteilen. Nicht zuletzt werden Biokomposite zur Herstellung von Sportgeräten verwendet, darunter Tennisschläger, Snowboards und Fahrräder.

Den höchsten Zuwachs bei den gehandelten Biokompositen sehe ich allerdings in Granulaten zur Herstellung von Möbeln, Spielzeug und anderen Konsumgütern, die im Spritzgussverfahren oder im 3D-Druck hergestellt werden. Auch im Verpackungssektor bieten Naturfaserverbundwerkstoffe eine sehr interessante Alternative. Bisher wurde in der Verpackungsindustrie als Alternative zu herkömmlichen Kunststoffen hauptsächlich auf bio-basierte Polymere gesetzt, doch die Komposite sind im Kommen.

Warum investieren immer mehr Unternehmen in Forschung und Entwicklung von bio-basierten Produktlösungen?

Die Hersteller konventioneller Kunststoffprodukte sind durch die wachsende gesellschaftliche und politische Aufmerksamkeit für Klima- und Umweltbelastungen unter Druck. Daher sind Unternehmen auf der Suche nach nachhaltigen Lösungen! Hier weise ich wieder auf den CO2 -Fußabdruck hin, den wollen Unternehmen zwingend verbessern. Oder sie wollen auch den Anteil erneuerbaren Kohlenstoffs in ihren Produkten erhöhen.

Hanf, Flachs oder Baumwolle haben sich als Material in Verbundwerkstoffen bereits etabliert. Was ist der nächste Schritt?

Die meisten Hersteller verwenden für die Produktion von Biokompositen nach wie vor Polymere aus fossilen Rohstoffen. Mittlerweile gibt es aber viele bio-basierte Polymere auf dem Markt, mit denen teilweise oder sogar vollständig bio-basierte Verbundwerkstoffe hergestellt werden können. Damit lässt sich die Verwendung von fossilem Kohlenstoff einsparen. Beispiele hierfür sind bio-basiertes PE und PP, PLA, PBS, PHA, TPE, PU oder auch Epoxide. Einige Biopolymere sind sogar biologisch abbaubar.

Übrigens veranstaltet das nova-Institut alle zwei Jahre die Biocomposites Conference in Köln, mit einem reichen Vortragsprogramm rund um das gesamte Thema Biokomposite und Naturfaserverbundwerkstoffe. Der nächste Termin liegt im November 2019, merken Sie sich den Termin gerne vor (lacht). Sie werden dort mehr als umfassend über die neuesten Entwicklungen in der Branche informiert.

Wird künftig auch der CFK-Leichtbau von nachwachsenden Rohstoffen profitieren?

Auf jeden Fall! Hybride sind ja im Anmarsch, vor allem im Automobilbau. Kombiniert man bio-basierte Textil- und Karbonfasern, erhält man extrem leichte und dauerhafte Konstruktionen. Naturfasern werden in Hybridbau mit Sicherhit eine große Rolle spielen, ebenso wie bio-basierte Polymere. So wurde gerade ein glasfaserverstärktes PLA am Markt eingeführt – dieses Jahr auf dem „Bio-Based Composites Pavillon” zu finden.

Sind der Entwicklung bzw. den Biokomposites auch Grenzen gesetzt?

Bisher hat sich der Bereich komplett ohne maßgebliche finanzielle Förderung entwickelt, Subventionen waren lediglich für die energetische Nutzung von Biomasse vorhanden. Sollte es hier von der Politik Unterstützung geben, könnten ganz andere Wachstumsraten erreicht werden. Die Technologien sind einsatzbereit! Biokomposite haben ein großes Potenzial und wir werden einige der besten Lösungen in unserem bio-basierten Pavillon zeigen. Durch eine Vielzahl an Lieferanten nehmen Distributoren Biokomposite-Granulate mehr denn je in ihre Produktpalette auf. Die einzigartige Optik und Haptik hergestellter Produkte vermitteln eine hohe Qualität und Wertigkeit. Das wird von den Kunden sehr geschätzt und gut angenommen.

Während Glasfasern in der Regel durch Naturfasern substituiert werden können, stoßen Naturfasern bei der Substitution von Carbonfasern an ihre Grenzen.

In diesem Jahr wird das nova-Institut wieder den „Bio-Based Composites Pavillon” auf der COMPOSITES EUROPE unterstützen. Was erwartet die Messebesucher?

Der Pavillon ist seit fünf Jahren fester Bestandteil der COMPOSITES EUROPE und ist aus der Idee entstanden, bio-basierte Rohstoffe im Sinne nachhaltigen Wirtschaftens zu fördern. Der Pavillon hat sich sehr positiv zu einem „Touch-Point“ für Unternehmen entwickelt, die sich zum Thema nachhaltige Rohstoffe im Faserverbundsektor informieren möchten.

Wir bezeichnen den Pavillon auch gerne als Schmelztiegel der bio-basierten Verbundwerkstoffszene, hier treffen sie führende Lieferanten und verarbeitende Betriebe. Bisher stellen zehn Austeller aus Deutschland, Finnland, Frankreich und Großbritannien ihre Produkte und Dienstleistungen auf dem Pavillon vor. Darunter befinden sich namenhafte Produzenten von Naturfasern, Rovings und Terrassendielen sowie Hersteller von bio-basierten Granulaten für Konsumgüter. Präsentiert werden außerdem Biokomposite aus glasfaserverstärktem PLA, für den technischen und medizinischen Anwendungsbereich sowie technische Textilverstärkungen für die Automobilindustrie sowie für Windturbinen. Bio-basierte Polymere, wie Epoxidharze spielen eine wichtige Rolle, um möglichst viel CO2 einzusparen. Die Messebesucher können auch zu diesen Themen auf neue Informationen gespannt sein. Das nova-Institut forscht intensiv in diesem Bereich und hält verschiedene Marktstudien zum Thema bio-basierte Polymere und bio-basierte Komposite für die interessierten Besucher bereit.

Als Moderator des Pavillons ist es uns ein Anliegen, dass Biokomposite auf der Composites Europe auch in Zusammenhang mit anderen innovativen, nicht bio-basierten High-Tech-Anwendungen gebracht werden.

Frau Dr. Partanen, wir danken Ihnen für das Interview.

Author

Dr. Asta Partanen, Guido Müller, Svenja Geerkens (nova-Institut)

Source

Composites Europe, Pressemitteilung, 2018-09-26.

Supplier

nova-Institut GmbH

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