Fermentierbarer Zucker als Rohstoff für die chemische Industrie: Erste Generation ebenso nachhaltig wie die zweite – deutliche Reduktion von Treibhausgasen bei beiden

Neue Studie untersucht Nachhaltigkeit von bio-basierten Rohstoffen für die chemische Industrie, quantitativ und qualitativ

Eine umfangreiche, vom nova-Institut durchgeführte Nachhaltigkeitsstudie zeigt, dass fermentierbarer Zucker der ersten Generation für eine nachhaltige Rohstoffstrategie der europäischen chemischen Industrie ebenso vorteilhaft ist wie Zucker der zweiten Generation. Die Ergebnisse lassen erkennen, dass der schlechte Ruf von Agrarrohstoffen der ersten Generation in keiner Weise wissenschaftlich begründbar ist. Es wäre daher kontraproduktiv, die Nutzung von Zuckerpflanzen restriktiv zu behandeln.

English version: https://renewable-carbon.eu/news/fermentable-sugar-as-a-raw-material-for-the-chemical-industry-first-generation-as-sustainable-as-the-second-significant-reduction-in-greenhouse-gases-for-both/

Zur Bewertung der Nachhaltigkeit von fermentierbarem Zucker der ersten und zweiten Generation wurden zwölf Hauptkriterien ausgewählt. Die Auswahl der Kriterien beruhte auf den aktuellsten Normen und Zertifizierungssystemen für bio-basierte Kraft- und Werkstoffe einschließlich einer breiten Palette an ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Aspekten. Wegen des anhaltenden Vorwurfs, die Nutzung von Rohstoffen der ersten Generation gefährde die Ernährungssicherheit, wurde auf dieses Kriterium besonderes Augenmerk gelegt.

Die Analyse der zwölf verschiedenen Nachhaltigkeitskriterien zeigt, dass alle untersuchten Rohstoffe in Bezug auf ihre Nachhaltigkeit klare Stärken, aber auch gewisse Schwächen aufweisen:
Alle Rohstoffe bewirken eine beträchtliche Reduktion von Treibhausgasemissionen (THG). Zwar schneiden Zucker der zweiten Generation in dieser Beziehung besser ab, doch dieser Effekt relativiert sich deutlich, wenn man ihn mit den Vermeidungskosten verrechnet. Die Reduzierung von THG-Emissionen mit Zuckern aus Rohstoffen der zweiten Generation ist ein vergleichsweise teurer Weg zur Abmilderung des Klimawandels.
Betrachtet man den oftmals kritisierten Aspekt der negativen Auswirkungen der Nutzung von Rohstoffen der ersten Generation auf die Ernährungssicherheit, so deuten die Erkenntnisse tatsächlich in genau die gegenteilige Richtung. Die Konkurrenz um Ackerland wird ausgeglichen durch die hervorragende Flächeneffizienz von Agrarpflanzen der ersten Generation (vor allem der Zuckerrübe) sowie das Vorhandensein proteinhaltiger Nebenprodukte (vor allem bei Weizen und Mais). In diesem Zusammenhang stellt die Nutzung von Kurzumtriebsplantagen (KUP) zur Zuckergewinnung eine viel größere Konkurrenz für das Ackerland dar, da für den gleichen Zuckerertrag eine viel höhere Anbaufläche benötigt wird und keine proteinhaltigen Nebenprodukte anfallen.

Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass die systematische Diskriminierung von Zuckern der ersten Generation in der öffentlichen Wahrnehmung und Debatte in keiner Weise wissenschaftlich begründbar ist.
Auf dem Weg zu einem klimafreundlichen Europa bieten bio-basierte Chemikalien aus allen Rohstoffen Vorteile in Bezug auf die Verringerung der Treibhausgasemissionen und sollten gleichermaßen Teil einer tragfähigen Zukunftsstrategie der europäischen Chemieindustrie sein.

Der Bericht analysiert die Stärken und Schwächen aller verfügbaren Rohstoffe für die Produktion von bio-basierten Chemikalien anhand von Kriterien wie deren Treibhausgasbilanz, Treibhausgasvermeidungskosten, Flächeneffizienz, Ernährungssicherheit, eiweißhaltige Nebenprodukte, Beschäftigung, ländliche Entwicklung, Existenzsicherung von Landwirten und Forstarbeitern, direkte und indirekte Risiken der Landnutzungsänderung (LUC / iLUC), Logistik, Infrastruktur, Verfügbarkeit, Nachverfolgbarkeit, gesellschaftliche Auswirkungen, Artenvielfalt sowie die Qualität von Luft und Boden. Die Ergebnisse für die einzelnen Pflanzengruppen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Zuckerpflanzen

Die größte Stärke von Zuckerrohr und Zuckerrübe ist ihre außerordentlich hohe Flächeneffizienz. Aus keiner anderen Biomasse lässt sich so viel fermentierbarer Zucker pro Hektar gewinnen. Hohe Reduktion von Treibhausgasemissionen und vor allem die niedrigsten Treibhausgasvermeidungskosten sind weitere Vorteile. Infrastruktur und Logistik sind in diesem Bereich gut entwickelt, und die Nebenprodukte der Zuckerrübe werden als Futtermittel verwendet. Die größten Nachteile sind die Auswirkungen der intensiven Landwirtschaft auf Wasser, Luft und Boden sowie die Artenvielfalt – wenn auch aufgrund der hohen Flächeneffizienz begrenzt auf eine vergleichsweise kleine Fläche.

Stärkepflanzen

Der Hauptvorteil der Stärkepflanzen liegt in ihren proteinhaltigen Nebenprodukten, die einen hohen Wert als Futtermittel haben. Die Flächeneffizienz ist geringer als bei den Zuckerpflanzen, aber höher als bei Holz. Die Reduzierung von Treibhausgasemissionen fällt geringer aus als bei anderen Arten von Biomasse. Allerdings liegen die vergleichsweise niedrigeren Emissionsreduktionen zu einem großen Teil an den besonderen Ökobilanzstandards, die in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie angesetzt werden. Infrastruktur und Logistik sind für Stärkepflanzen gut entwickelt. Die größten Nachteile sind, wie im Fall der Zuckerpflanzen, die Auswirkungen auf Wasser, Luft und Boden sowie auf die Artenvielfalt, die aufgrund der intensiven Landwirtschaft entstehen.

Waldholz und Kurzumtriebsplantagen

Der größte Vorteil in der Verwendung von Holz als Rohstoff für die Gewinnung von fermentierbarem Zucker liegt in der geringen Konkurrenz zum Ackerland und somit im Fehlen von direkten oder indirekten Risiken der Landnutzungsänderung (LUC / iLUC). Für Kurzumtriebsplantagen trifft dies allerdings nur dann zu, wenn sie nicht auf Ackerland eingerichtet werden. Für Holz sind Infrastruktur und Logistik gut entwickelt; bei den KUP ist dies weniger der Fall. Die Reduktion der Treibhausgasemissionen liegt im selben Bereich wie bei Zuckerpflanzen, aber die Treibhausgasvermeidungskosten sind hier viel höher. Hauptsächliche Nachteile in diesem Bereich sind die überaus geringe Flächenproduktivität und die fehlenden Nebenprodukte für den Futtermittelmarkt.

Abfall- und Reststoffe

Die wesentliche Stärke der Verwertung von Abfall- und Reststoffen zur Gewinnung von fermentierbarem Zucker liegt in der höchsten Reduzierung von Treibhausgasemissionen aller verglichenen Gruppen – die erneut zum Teil auf die in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie angewandten besonderen Ökobilanzstandards zurückzuführen ist – sowie in den geringsten Auswirkungen auf die Artenvielfalt, auf Wasser, Luft und Boden. Die größten Nachteile finden sich in den hohen Treibhausgasvermeidungskosten, einer kaum entwickelten Infrastruktur und Logistik, geringer Nachverfolgbarkeit und vor allem in der begrenzten Verfügbarkeit.

Die Studie ist kostenlos auf www.bio-based.eu/ecology verfügbar.

Pressemitteilung als PDF: 19-01-15 PM Nachhaltigkeitsstudie Zucker

Source

nova-Institut GmbH, Pressemitteilung, 2019-01-15.

Supplier

nova-Institut GmbH

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