Direktverflüssigung von Biomasse: Werden Biotreibstoffe konkurrenzfähig?

Ingenieure um Prof. Thomas Willmer von der Hamburger Hochschule für angewandte Wissenschaften wollen eine Methode entwickelt haben, mit der über die Direktverflüssigung von Biomasse Dieselkraftstoff zu Herstellungskosten von rund 30 ct./l produziert werden kann. Dies würde hinsichtlich des Preises und abgesehen vom Brennwert, der um ein Viertel unter dem von Rohöldiesel liegt, eine spürbare Konkurrenzfähigkeit von nachwachsenden Kraftstoffen in Deutschland bedeuten. Da ein Ende des Preisanstiegs auf dem Rohölmarkt nicht abzusehen ist, steht auch die Sinnhaftigkeit der Subventionierung von Biodiesel bald in Frage. Die Zielmarke der EU von 5,75% Biokraftstoffanteil im Jahr 2010 könnte somit vermutlich auch ohne Ethanol-Importe aus Brasilien erreicht werden.

Holz, Stroh und getrockneter Klärschlamm eignen sich für die von Prof. Willmer getestete Methode zur Direktverflüssigung von Biomasse, sogar organische Abfälle aus Haushalten und Industrie sowie land- und forstwirtschaftliche Reststoffe sind verwendbar. Dieses Projekt, welches von der Autoindustrie und insbesondere von VW gefördert wird, basiert auf einem von der Firma Alphakat GmbH aus Buttenheim bei Nürnberg patentierten Prozess zur Verwertung von Altölen und Kunststoffen. Dieses Unternehmen liefert auch das wichtigste Element in der Produktionskette der Hamburger Wissenschaftler.

Es sind ionentauschaktive Katalysatoren, die beim so genannten Cracking die in den Rührkessel gegebenen organischen Materialien spalten. Diese Katalysatoren sind puderartige, mineralische Zeolithe. Sie sind in der Lage, die Umwandlung der Biomasse zu Kraftstoff bei Temperaturen von unter 400°C und Atmosphärendruck zu bewerkstelligen. Man erhält dabei ca. 70% Diesel und 30% Benzin, eine Trennung der beiden Kraftstoffe stellt keine große Schwierigkeit dar. Ein positiver Nebeneffekt hierbei ist die Abspaltung von Giftstoffen wie u.a. Schwermetalle oder Chlor, welche der Katalysator bindet und damit neutralisiert.

Der große Vorteil dieses Verfahrens im Vergleich zur Fischer-Tropsch-Synthese ist der geringe Energieaufwand. So berichtet Prof. Willmer von seiner Methode, dass mit ihr ein energetischer Wirkungsgrad von 70% erreicht wird, was nahezu das Doppelte im Vergleich zu bisherigen Verfahren sei.

Der Hamburger Wissenschaftler ist zuversichtlich, dass bei großtechnischer Anwendung der Direktverflüssigung bis zu 40% des deutschen Dieselbedarfs vermutlich durch die hiesige Produktion gedeckt werden kann. Hierzu müssten etwa ein Viertel der 17 Mio. ha Ackerfläche in Deutschland zum Anbau von Biomasse genutzt werden. Die vollständige Selbstversorgung erscheint aber nach heutigem Stand auch mittelfristig nicht umsetzbar.

(Vgl. Meldungen vom 2005-06-14 und 2004-11-10.)

Source

VDI nachrichten vom 2005-07-15

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