CelluSome Plus: Neuer, maßgeschneiderter Ansatz für Biokraftstoffe

EU-Wissenschaftler haben Zellstrukturen, Zellulosome, entwickelt und getestet, die dabei helfen, große Mengen an Biomasseabfall aufzuschlüsseln, um Mehrwertchemikalien zu erzeugen, wie z.B. fortschrittliche Biokraftstoffe

Der Schlüssel für die Erzeugung fortschrittlicher Biokraftstoffe aus lignozellulosehaltiger Biomasse ist die effiziente Umwandlung der innerhalb der Zellwände enthaltenen Zellulose in fermentierbare Zucker – ein erheblicher Engpass für die Massenproduktion. Die effiziente Aufschlüsselung von Biomasse in Zucker, die als Verzuckerung bezeichnet wird, kann die Kosten des Verfahrens senken und zugleich die Menge der Ausgangsmaterialien verringern, die für die Erzeugung von Biokraftstoffen mit sanfteren oder kürzeren Vorbehandlungszeiten benötigt werden.

Manche Mikroben haben natürliche Strukturen, die als Zellulosome bezeichnet werden und Zellulasen enthalten, Enzyme, die Zellulose wirksam in Zucker aufschlüsseln. Das von der EU finanzierte Projekt CellulosomePlus hat Designer-Zellulosome (DC) entwickelt, um aus dem organischen Anteil aus Siedlungsabfall (organic fraction of municipal solid waste, OFMSW) hohe Erträge an fermentierbaren Zuckern zu erhalten und so bei geringen Verfahrenskosten fortschrittliche Biokraftstoffe zu erzeugen.

Das Konsortium erzeugte die Basiskomponenten natürlicher Zellulosome sowie weitere lignozellulosehaltige Enzyme und beschrieb nach deren Anordnung in DC die Hydrolyse des OFMSW-Substrats. Außerdem untersuchte es die physiochemische, atomische und supramolekulare Struktur des Zellulosoms und die Interaktion seiner verschiedenen Bestandteile. „Die Architektur eines Zellulosoms besteht aus einer nicht-katalytischen „Gerüst“-Untereinheit, die „Cohesine“ trägt, ergänzende Erkennungsmodule einer anderen Domäneart namens „Dockerins“, welche wiederum von den Enzymen getragen werden und deren Integration in den Komplex ermöglichen“, erläutert Projektkoordinator Dr. Mariano Carrión-Vázquez.

Neue Assays und Modelle entwickelt

Um die zellulosomalen und nicht-zellulosomalen Komponenten zu charakterisieren, die in den DC verwendet werden sollen, hat das Team einen standardisierten Enzym-Assay entwickelt. Ein weiterer Assay zur Bestimmung der enzymatischen Aktivität in Industriesubstrat zeigte, dass Zellulosome die lignozellulosehaltige Biomasse effizienter hydrolysieren als ein einzelnes, gereinigtes Enzym oder eine Mischung aus Enzymen. „Diese Studien liefern ein tiefergehendes Verständnis der Architektur, Nanomechanik und katalytischen Eigenschaften von Zellulosomen und der Logik hinter ihrer Konstruktion“, sagt Dr. Carrión-Vázquez.

Modelle mit mehreren Skalen von der atomischen bis hin zur supramolekularen Stufe wurden verwendet, um die Struktur und Selbstorganisation des Zellulosoms zu untersuchen. Dr. Carrión-Vázquez erklärt: „Die Modelle lieferten neue Informationen zu den dynamischen Eigenschaften von Katalysatoren sowie den mechanischen Stabilitäten, was zu neuen Ideen für Experimente und einer synergetischen Feedback-Schleife für die Erzeugung optimierter DC geführt hat.“

Das gewonnene Wissen über natürliche Zellulosome und das spätere Screening ihrer Komponenten bot den Wissenschaftlern eine Plattform, auf der sie die Konstruktion der finalen DC testen können. Diese enthielten sowohl zellulosomale als auch nicht-zellulosomale Komponenten und wurden anhand der Labor- und auch der vorindustriellen Skala bewertet, um die optimale Aufschlüsselung des OFMSW-Industriesubstrats zu gewährleisten.

Vorteile für die europäische Biotechnologie

Die Projektpartners analysierten die Zellulosome von neun Bakterienspezies und erstellten eine Datenbank der zellulosomalen Komponenten. Die thermische Beständigkeit der wichtigsten zellulosomalen Enzyme wurde durch zufällige und semi-rationale Mutagenese erhöht und ergab bessere Hydrolyseerträge. Die Wissenschaftler identifizierten außerdem die 3D-Strukturen von drei Glycosid-Hydrolasen und nutzten die Daten, um Rechenmodelle zu entwickeln. Darüber hinaus wurden verschiedene Ansätze zur Beschreibung der Interaktionen zwischen zellulosomalen Komponenten anhand einer Einzelmolekülkraftspektroskopie basierend auf Rasterkraftmikroskopiemethoden entwickelt, wodurch die Zeit zur Vorbereitung der Proben verringert und die Datenqualität und -vergleichbarkeit erhöht wurde. Zudem stellten sie fest, dass die mechanische Stabilität von Gerüst-Cohesin-Modulen ein relevanter neuer Industrieparameter für die enzymatische Aktivität des Zellulosoms ist.

Das Konsortium baute mehrere Module von Enzymen mit mehreren Domänen und DC, die ein detailgetreues Bild von zellulosomalen Anordnungen wiedergeben. Dazu zählten relevante Daten bezüglich der Thermostabilität und Substratspezifität der wichtigsten zellulosomalen Elemente.

Das Team entwickelte ein DC aus zehn Komponenten, in dem die Aktivitäten von Zellulase/Xylanase mit drei Nebenenzymen kombiniert wurden. Außerdem erhöhte die Komplexbildung von Enzymen in optimierten DC die Hydrolyse von Modellsubstraten und der vorbehandelten, lignozellulosehaltigen Biomasse. „Die Verwendung selbstorganisierter DC als Nanokatalysatoren wird den Branchen der europäischen Biotechnologie, die im transportbezogenen Sektor tätig sind, sowie der chemischen Industrie, die sich mit der Verarbeitung von städtischen Abfällen und Reststoffen aus den Branchen Agrar-Lebensmittel, Papier und Forstwirtschaft befassen, nutzen“, bemerkt Dr. Carrión-Vázquez.

Maßgeschneiderte DC für die verschiedenen lignozellulosehaltigen Biomasse-Reststoffe sollten helfen, die Verfahrenseffizienz zu verbessern und so die Fertigungskosten zu verringern. „Diese neue Technologie wird auch die Abhängigkeit Europas vom Öl reduzieren, KMU innerhalb der EU stärken, die Schaffung von Arbeitsplätzen anregen und die Umweltauswirkungen des Sektors für fortschrittliche Biokraftstoffe verringern.“

Source

CORDIS, Pressemitteilung, 2018-04-10.

Supplier

European Commission
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