Zellulose: Im Jahr der Chemie wieder auf dem Vormarsch!

Neue Verfahren versprechen umweltverträgliche Gewinn(ungs)möglichkeiten

Die Natur hat es den Chemikern vorgemacht: jährlich 100 Mrd. Tonnen des nachwachsenden natürlichen Polymers Zellulose können weltweit von Faserpflanzen oder Bäumen gewonnen werden. In zahllosen Anwendungen ist der biologisch abbaubare Stoff gefragt: Neben dem bekannten Produkt Papier findet sich Zellulose in Binde- und Reinigungsmitteln, Dämmstoffen oder Textilien – um nur einige zu nennen.

Bislang als Wermutstropfen hingenommen waren die fragwürdigen Gewinnungsmethoden. So gilt die industrielle Ausbeutung des Naturmaterials als Wald-schädigend, vom Chemikalieneinsatz zur Faserreinigung ganz zu schweigen. Nicht zuletzt seien die Unmengen Wasser für die Herstellung und das Chlor erwähnt, das häufig zur Bleiche Einsatz findet.

Als Image-Rettung erwies sich schließlich das von Chemikern entwickelte „Lyocell“-Verfahren, bei dem textile Fasern mit Hilfe des umweltverträglichen Lösungsmittels N-Methylmorpholin-N-Oxid (NMMO), welches nach dem Spinnprozess wieder in den Produktionskreislauf eingebracht werden kann, gewonnen werden.

Als weltweit größte Produzenten der umweltfreundlichen und ob ihrer Geschmeidigkeit bei Modeschöpfern beliebten Lyocell-Faser gelten Acordis und die österreichische Lenzing AG, die ihre Zellulose zudem seit über zehn Jahren mit Ozon bleicht. Am Fraunhofer-Institut für angewandte Polymerforschung in Golm wurde jüngst eine weitere Anwendung für Lyocell entdeckt: 1.500 Wurstsorten allein in Deutschland bieten einen interessanten Markt für diese weniger Umwelt-belastende Umüllung.

Dies soll jedoch noch nicht alles bleiben, denn zugunsten der deutschen Wald- und Landwirtschaft fördert das Verbraucherministerium über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) mit mehr als fünf Mio. EUR derzeit 16 Zellulose-Projekte. So arbeiten z.B. die Chemiker vom Kompetenzzentrum für Polysaccharid-Forschungen der Universität Jena mit dem Thüringischen Institut für Textil- und Kunststoff-Forschung (TITK) gemeinsam an Möglichkeiten zur Umformung des Polymers.

Neue, strapazierfähige, Wasser-abweisende und bruchfeste Zelluloseprodukte sind gefragt, nichtsdestoweniger neue Vliesstoffe, Keramiken oder medizinische Implantate. An der Universität Jena wurde kürzlich ein von Bakterien gesponnenes Zellulosegerüst erzeugt, mit dem man eines Tages Teflon-Gefäßprothesen zu ersetzen hofft. Als hoffnungsträchtig gilt auch Zellulose mit eingelagerten Algen zur Schwermetall-Bindung kontaminierter Gewässer.

(Vgl. Meldungen vom 2003-01-07, 2002-05-31 und 2001-03-08.)

(Anm. d. Redaktion: Einen ausführlichen Artikel zum Thema: “Cellulose – Biopolymer mit großer Zukunft” von Dierk Jensen findet man ebenfalls im Magazin energie pflanzen Ausgabe 6/2002).

Source

VDI nachrichten vom 2003-03-14.

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