Verbände kommentieren Biomassegutachten des Umweltrats

DBV: Hohe Ökoeffizienz deutscher Landwirtschaft, NABU: Bessere Energieeffizienz im Verkehrsbereich nötig

In Stellungnahmen zu dem am 12. Juli vorgestellten Gutachten “Klimaschutz durch Biomasse” des Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) bekräftigen der “Naturschutzbund Deutschland (NABU) und der Deutsche Bauernverband (DBV) ihre jeweiligen Positionen zur Bioenergienutzung. Während der DBV die vorgeschlagene Absenkung der Biokraftstoffquote vehement ablehnt und auf die Nachhaltigkeit deutscher Landwirtschaft hinweist, drängt der NABU auf strenge Umweltauflagen für die Biokraftstofferzeugung.

DBV: Deutsche Bioenergieerzeugung zählt zu den Nachhaltigsten weltweit
Der DBV hält die Kritik des Sachverständigenrates für Umweltfragen an der Erzeugung von nachwachsenden Rohstoffen durch die deutsche Landwirtschaft für nicht berechtigt. In dem aktuell vorgelegten Gutachten “Klimaschutz durch Biomasse” sei leider nicht erwähnt, dass die deutsche Landwirtschaft bei der “Ökoeffizienz” weltweit ganz weit vorn liege.

Es sei nicht angemessen, die Nutzung der Bioenergie mehr als Problem für die Umwelt denn als Lösung für Versorgungssicherheit, Umwelt- und Klimaschutz darzustellen. Der DBV teile zwar die Auffassung des Sachverständigenrates, dass die Bioenergie möglichst effizient genutzt werden müsse, nicht aber die vorgeschlagenen Regulierungen. Der Vorschlag, die Ziel­setzun­gen für Biokraftstoffe wieder zu senken, ist unverständlich, so der DBV. Die Sachver­ständigen erwecken den Eindruck, dass sie einer unheiligen Allianz der Verhinderer und Bedenkenträger aus Mineralölindustrie und Umweltverbänden beigetreten sind.

Der durch den Sachverständigenrat geforderten “Entschleunigung” der Bioenergieförderung in Deutschland zur “Schadensprävention und Umweltvorsorge” wird durch den DBV vehement widersprochen. Der Anbau nachwachsender Rohstoffe findet in Europa unter den gleichen strengen umweltschonenden Anforderungen von Cross-Compliance und der guten fachlichen Praxis statt, wie sie auch in der Nahrungsmittelproduktion gefordert werden. Von angeblich “umweltgefährdenden Kulturen wie Raps und Mais” könne somit nicht die Rede sein.

NABU: Bioenergiepotenzial wird mehrfach verplant
Der NABU hat anlässlich der Vorstellung des SRU-Sondergutachtens die Erwartungen an so genannte Biokraftstoffe als zu optimistisch bezeichnet. Vor dem Hintergrund der Klimaschutzbemühungen würden Bundesregierung und EU-Kommission die Potenziale von nachwachsenden Rohstoffen im Strom-, Wärme- und Kraftstoffmarkt gleich mehrfach verplanen. Bis zum Jahr 2020 soll der Anteil an Biokraftstoffen von heute einem auf dann zehn Prozent in ganz Europa gesteigert werden. Deutschland will sogar Anteile an Biokraftstoff von bis zu 20 Prozent erreichen.

“Die Festsetzung dieser gewaltigen Anteile ist unrealistisch, wenn man gleichzeitig auch im Wärme- und Strombereich auf hohe Biomasseanteile setzt. Darüber hinaus vermissen wir neben Maßnahmen zur Steigerung von Effizienz im Verkehrsbereich strenge Umweltauflagen zur Herstellung von Biokraftstoffen”, sagte NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Die Bundesregierung setze besonders auf Biokraftstoffe der so genannten “Zweiten Generation”. Bislang sei aber nicht absehbar, wann diese überhaupt für den Markt produziert werden könnten. Die Annahme, dass bis zum Jahre 2020 mehr als jeder fünfte getankte Liter aus Biokraftstoffen stammen solle, sei nur dann realistisch, wenn insgesamt deutlich weniger Kraftstoff verbraucht werde. Im Verkehrsbereich drücke sich die Bundesregierung jedoch vor notwendigen Effizienzrahmenbedingungen, sowohl bei Vorgaben für Pkw-Neufahrzeuge als auch der Entwicklung eines klimaverträglicheren Güterverkehrs. Insbesondere im Verkehrssektor sei der effektivste Klimaschutz durch Effizienzsteigerungen an den Fahrzeugen sowie durch Vermeidung und Verlagerung von Transporten zu erreichen.

Der NABU warnte hinsichtlich des jüngsten Taktierens Brasiliens davor, das Heil im Import von Biokraftstoffen aus Drittländern zu suchen. “Während Präsident Lula da Silva in Brüssel Brasilien als zukünftige Quelle des europäischen Kraftstoffbedarfs anpries, hat seine Delegation auf der Vorbereitungstagung zur Konvention über biologische Vielfalt in Paris alle Forderungen nach Zertifizierungsstandards und Kohlendioxid-Bilanzen von Biokraftstoffen blockiert. Von Bio kann hier keine Rede mehr sein”, kritisierte Miller. Beim Anbau der Agrotreibstoffe in Brasilien, Indonesien und Malaysia und der damit oft einhergehenden großflächigen Zerstörung von Regenwäldern und Feuchtgebieten werde mehr Kohlendioxid freigesetzt als beim Einsatz der Kraftstoffe eingespart werde. “Da wird der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben”, warnte Miller.

(Vgl. Meldungen vom 2007-07-13, 2007-01-27 und 2007-07-04.)

Source

NABU, Pressemitteilung, 2007-07-12 und DBV, Pressemitteilung, 2007-07-13.

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