Österreich: Flächennutzungsplan für Energiepflanzen gefordert

Anhaltender Biomasse-Boom kann nicht allein von der Forstwirtschaft gedeckt werden

Die holzverarbeitende Industrie ist wegen des Biomasse-Booms schon lange besorgt – erst diese Woche hat etwa Lenzing-Chef Thomas Fahnemann im “Presse”-Gespräch gesagt, dass die Kapazitätsausweitung so lange auf Eis liegt, “solange wir nicht genug Holz bekommen.”

Der derzeitige Holzmangel ist aber erst der Anfang. Wenn die Erwartungen des Österreichischen Biomasseverbandes zutreffen, dann wird die energetische Nutzung von Biomasse in den nächsten Jahren explodieren. Nämlich von derzeit rund 15 auf 23 bis 24 Mio. Festmeter Holz im Jahr 2010.

“Von diesen Ziffern haben wird immer geträumt”, sagte der Geschäftsführer des Biomasseverbandes, Ernst Scheiber, am Donnerstag vor Journalisten. Allerdings macht die angespannte Versorgunsgslage auch den Aktivisten Sorgen. Der Zuwachs bei der Biomasse könne nicht nur aus der Forstwirtschaft kommen, machte der Vorsitzende des Biomasseverbandes, Heinz Kopetz, deutlich. Gefragt sei auch die Landwirtschaft. “Mittelfristig werden zwei bis drei Millionen Festmeter Holzersatz aus der Landwirtschaft benötigt”, so der Experte.

Derzeit werden rund 70.000 Hektar für die Energiegewinnung genutzt – Mais für die Biogas-Herstellung und Raps für Biodiesel. 2010 könnten es Kopetz zufolge zumindest 200.000 Hektar sein, also ein Zehntel der Acker- und Grünlandfläche. Der Biomasseverband will nun “Kurzumtriebs-Wälder” (Weide oder Pappel) sowie den Anbau von Elefantengras (Miscanthus) forcieren. Beides sei sehr gut geeignet für die Herstellung von Holzpellets – dem am stärksten wachsenden Segment.

Um so große Flächen für die Energiewirtschaft nutzbar machen zu können, ohne gleichzeitig andere Nutzungen (Nahrung, Futter) zu beeinträchtigen, müsse rasch gehandelt werden. “Wir brauchen einen Flächennutzungsplan für die Energie-Versorgung”, sagt Scheiber zur “Presse”. Damit soll eine Art Prioritätenliste festgelegt werden, an der sich Bauern orientieren können, was sie anbauen.

Parallel dazu fordert Kopetz, in Zukunft sorgsamer mit Bioenergie umzugehen. So sollten künftig nur mehr solche Biomasse-Kraftwerke gebaut werden, die sowohl Wärme als auch Strom produzieren – so wie es im neuen Ökostromgesetz vorgesehen ist. Für Großanlagen – etwa die derzeit im Bau befindliche in Wien Simmering – seien Einspeisetarife für Ökostrom nicht notwendig. Allein die nach dem “alten” Ökostromgesetz errichteten Großanlagen werden 1,2 Millionen Festmeter Holz “fressen”.

Der Biomasse-Boom ist freilich nur einer der Gründe, warum Holz knapp wird. Dazu kommt noch eine Verschiebung auf den Märkten. In Osteuropa wird immer mehr Holz vor Ort verarbeitet, deshalb steht der österreichischen Holzindustrie immer weniger Holz zur Verfügung.

Die Holzindustrie hat kürzlich angekündigt, mittelfristig zusätzlich fünf Millionen Festmeter aus den heimischen Wäldern zu benötigen. Das ist laut Forstexperten durch stärkere Durchforstung in den Privatwäldern machbar. Die zusätzlich durch die energetische Nutzung von Biomasse nötigen Mengen überspannen aber die Möglichkeiten der Forstwirtschaft.

In direkter Konkurrenz stehen stoffliche und energetische Verwertung von Holz – in Summe 30 Millionen Festmeter – nur in Teilbereichen wie Spanplatten oder Papier. Verbrannt werden Sorten mit niedriger Qualität (Rinde oder Baumwipfel) – während die Industrie hohe Qualitäten benötigt.

(Vgl. Meldung vom 2006-06-09.)

Source

diepresse vom 2006-07-21.

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