NRW’s größte Biogasanlage: Nahezu geruchlos

In Recke (Kreis Steinfurt) haben sich 19 Landwirte für ein Gemeinschaftsprojekt zusammengeschlossen

Seitdem die Windkraft verstärkt in die Kritik geraten ist, sind Biogasanlagen groß im Kommen. Das Münsterland ist prädestiniert für Biogas, sagen Experten. In Recke steht die derzeit größte Anlage.

Tonnen von Maissilage, Grünroggen, Gülle und Mist verschlingen die vier Fermenter im westfälischen Recke. Unter Luftabschluss und 38 Grad Celsius gärt die verquirlte Suppe. Die vier großen “Mägen” schaffen nahezu geruchslos das, was Landwirtschaftsministerin Renate Künast als das Zukunftsstandbein der Landwirte beschwört: Biogas. Zwei gewaltige Blockheizkraftwerke jagen über ein Megawatt Leistung ins Stromnetz. 40.000 Tonnen Durchsatz an nachwachsenden Rohstoffen (Nawaros) im Jahr garantieren die Leistung.

In der 10.000 Einwohner zählenden Gemeinde im Kreis Steinfurt gründeten 19 Landwirte zusammen die “Ökoenergie Recke”. Die größte Biogasanlage in NRW wummert hier. Unternehmensbeirat Bernhard Pohlmann (46) schwört auf das energiereiche Methangemisch. Im Gegensatz zur Windenergie und der Solarkraft, “können wir witterungsunabhängig immer die gleiche Menge Strom liefern”, so Pohlmann. Mit der Neuerung des Energie-Einspeise-Gesetzes (EEG) kann die Anlage über ein Jahr nach Inbetriebnahme in die Gewinnzone rutschen. 11,5 Cent pro Kilowattstunde garantiert der Staat für die nächsten 20 Jahre. Reine Nawaro-Anlagen können einen Zuschlag von sechs Cent verbuchen.

“Jetzt besteht die Möglichkeit, tatsächlich Geld damit zu verdienen”, erklärt Dr. Karsten Block vom Zentrum für nachwachsende Rohstoffe NRW. Das laute Stöhnen der Energieriesen, die Preissteigerungen aufgrund des neuen EEG prophezeien, lässt Block kalt: “Jeder weiß, dass die fossilen Brennstoffe endlich sind”, kontert der Forscher und attackiert im gleichen Atemzug den “zu hoch subventionierten Kohlestrom”. Derzeit untersucht das Zentrum den Einsatz reiner Energiepflanzen – wie afrikanische Gräser – auf deutschen Feldern. “Die Palette dessen, was wir hier anbauen können, wird wesentlich größer”, so der Experte.

Gleichzeitig entschärfen sich die Erntezeiten. Pohlmann und seine 18 Mitstreiter können den Mais als Energieträger “bereits zwei Wochen vor der normalen Ernte vom Acker holen”, so Pohlmann. Und mit dem Wechsel von Grünroggen und Mais auf gleichen Feldern bekämpfen die Recker Landwirte erfolgreich eine Abtragung des Bodens.

Die FH-Münster unterstützt geplante Anlagen mit Konzepten. Professor Dr. Christof Wetter vom Fachbereich Energie-Gebäude-Umwelt ist überzeugt, dass innerhalb von fünf Jahren die Energie aus Biogas im Kreis Steinfurt verfünffacht werden kann. 13 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 10 Megawatt entstehen derzeit. Das Münsterland mit seiner landwirtschaftlichen Prägung sei für die Biogas-Produktion prädestiniert.

“Das Interesse ist sprunghaft angestiegen”, so Wetter. Auch Dr. Block bestätigt einen “enormen Boom an Nachfragen”. Die Gefahr, dass mit der wachsenden Zahl an Anlagen nun genmanipulierter Mais auf breiter Front Einzug in die hiesige Landwirtschaft mit Energiepflanzen hält, sieht Pohlmann nicht: “Darüber wird nicht einmal leise nachgedacht.”

© Bocholter-Borkener Volksblatt  

(Vgl. Meldungen vom 2004-07-05 und 2004-01-07.)

Source

BBV Online Dienst vom 2004-08-20.

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