Niedriger Glycerin-Preis macht Biodiesel-Produzenten zu schaffen

Das bei der Biodiesel-Produktion anfallende Nebenprodukt Glycerin war stets nicht nur die positive Ökobilanz des Biodiesels verantwortlich, sondern vor allem für seine Wirtschaftlichkeit. Ohne einen ausreichenden Erlös aus dem Verkauf des Glycerins kann keine Biodieselfabrik ihren Treibstoff zu konkurrenzfähigen Preisen anbieten. Lange Jahre waren die Produzenten mit Preisen zwischen 1.000 und 1.100 EUR/t verwöhnt worden. Seit der immensen Zunahme an Biodiesel-Produktionskapazitäten ist der weltweite Glycerinmarkt ins Strudeln geraten. Zunehmende Preisschwankungen machen die Einnahmen aus dem Glycerinverkauf immer schwerer kalkulierbar.

Für ihre Mischkalkulation benötigen die Biodieselhersteller einen Glycerin-Preis zwischen 800 und 900 EUR/t. Die absolute Schmerzgrenze liegt für hochreines Pharmaglycerin bei etwa 500 EUR/t, die im letzten Jahr erreicht wurde. Aktuell hat sich der Preis wieder bei ca. 700 EUR/t gefangen. Ein Ende der Schwankungen und des Preisverfalls sind nicht in Sicht: Die Produktion von Biodiesel wird weiter steigen und für ein anhaltendes Überangebot sorgen.

In diesem Jahr sollen in Deutschland etwa eine Million Tonnen Biodiesel erzeugt werden, in einigen Jahren könnte es fast doppelt so viel sein, womit man dann bei fünf Prozent des Dieselmarktes angelangt wäre. Der Glycerinausstoß würde gleichermaßen verdoppelt, da bei der Umesterung naturgesetzlich aus jeder Tonne Rapsöl 120 Kilogramm Glycerin entstehen.

So müssen sich die Biodieselproduzenten um neue Vetriebskonzepten und strategische Partner bemühen. Entscheidend kann auch sein, ob Biodieselhersteller das Nebenprodukt zu hochreinem Pharmaglycerin veredeln oder als Rohglycerin zu etwa halbem Preis verkaufen – beides hat Vor- und Nachteile. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass sich mit Pharmaglycerin trotz aufwändiger Veredelung einerseits zwar bei gutem Markt unterm Strich mehr Geld verdienen lässt. Doch andererseits gilt das Geschäft mit Pharmaglycerin als spekulativer im Vergleich zum Rohglycerin, dessen Preis sich etwas stabiler entwickelt hat. Zudem gilt es, für Glycerin neue Einsatzgebiete zu finden, die das Überangebot in den klassischen Anwendungen abpuffern können.

Schon heute wird der Stoff für unterschiedlichste Anwendungen genutzt: in Salben und Kosmetika zum Beispiel, als Appretur in der Textilwirtschaft, zum Feuchthalten von Tabak, als Bremsflüssigkeit und Frostschutzmittel. Ferner als Weichmacher und hygroskopischer Zusatz für Farbbänder und Druckfarben sowie als Beimischung zum Tierfutter. Auch für Zahncreme kommt Glycerin als Ersatzstoff für Sorbitol in Frage. Und wenn gar nichts mehr geht, ist immer noch die Nutzung als Energieträger möglich – wenn auch zu wenig attraktiven Preisen.

Vgl. auch Meldung vom 01.03.2004.

Source

die tageszeitung, taz Nr. 7519 vom 2004-11-20, Seite 31, Bernward Janzing.

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