Ledergerbung: Öko-Schuhe für den Sommer<br />

Bio-Sandalen machen Geschichte

Fast alle Geheimnisse des legendären, am Ötztaler Gletscher entdeckten Steinzeitmenschen konnte die Wissenschaft bisher lüften. Nun scheint man auch zu wissen, woher der “Ötzi” stammte. Ein Blick auf sein Schuhwerk öffnete Tiroler Hobbyforschern nämlich die Augen: “Ötzi” muß ein Deutscher gewesen sein. “Denn”, sagen sie, “wer sonst geht mit Sandalen auf Gletschertour?”

Spaß beiseite. Sandalen sind wahrscheinlich die älteste Form des Schuhs. Schon vor Ötzi trugen Menschen eine solche Fußbekleidung, die vor allem im Sommer bis heute ihre Vorteile hat. Doch wie die Funde auf dem Ötztaler Gletscher zeigen, kann man mit ihnen ebenso in kältere Zonen vordringen, was auch die Römer bewiesen. Schließlich trugen die römischen Legionäre vor rund 2000 Jahren gleichfalls Sandalen und eroberten damit, quasi Schritt für Schritt selbst jenseits der Alpen ein Land nach dem anderen.

Ötzis Steinzeitsandalen bestanden im Wesentlichen aus einem Innengeflecht aus gezwirnten und gedrehten Schnüren. Als Isolationsschicht verwendeten die Steinzeitschuhmacher Gras. Das Oberleder war aus Hirschfell und die Sohle aus Rindsleder gefertigt. Natürlich waren alle Lederstücke mit pflanzlichen Mitteln gegerbt, womit Ötzis “Jesuslatschen” eindeutig als erste Öko-Sandalen zu bezeichnen sind. Die römischen Gegenstücke waren im Vergleich dazu freilich eleganter, aber nicht weniger ökologisch. Chemische Farben aus der Petrochemie und chemische Gerbverfahren gab es auch vor 2000 Jahren noch nicht.

Bis heute hat sich die Grundform der Sandale in etwa erhalten. Dabei gibt es zahlreiche Variationen besonders für die Frauenwelt. Inzwischen gibt es sogar spezielle Wandersandalen für moderne Globetrotter. Gerade in der wärmeren Jahreszeit sind bequeme Sandalen allemal gesünder für die Füße als die geschlossen und schweißtreibenden Marken-Turnschuhe aus den Sonderwirtschaftszonen Ostasiens. Gutes, gesundes Schuhwerk ist aus ökologischen Rohstoffen gefertigt. Heute kommt aber leider bei konventionellen Produkten meist chemisch mit Chrom gegerbtes Leder zum Einsatz. Chrom gilt als Allergieauslöser, und die Herstellung ist stark umweltgefährdend. Manchmal können auch noch Reste des eingesetzten Chroms aus dem Leder freigesetzt werden. Da man aber meist barfuß in den Sandalen geht, sind deshalb die Füße dem Leder und damit auch dem möglicherweise darin enthaltenen Chrom direkt ausgesetzt. Deutlich gesünder und umweltfreundlicher sind Sandalen aus pflanzlich gegerbten Leder, die es vor allem von Bio-Schuh-Herstellern gibt.

Bei der pflanzlichen Gerbung reifen die Tierhäute langsam und schonend in einer Lauge aus Pflanzenextrakten, Kastanien-, Eichen- und Fichtenrinde, der so genanten “Lohe”. Der Reifeprozess dauert bis zu 12 Monaten und damit wesentlich länger als die übliche Chromgerbung, weshalb pflanzlich gegerbtes Leder auch teuerer ist. Aber Qualität, Gesundheit und Umweltschutz haben eben ihren Preis. Pflanzliche Gerbstoffe kann man problemlos wieder aus dem für die Lederherstellung notwendigen Wasser filtern und bauen sich auch wieder ab. Chromsalze aber nicht. Schuhe aus pflanzlich gegerbtem Leder lassen sich wieder dem natürlichen Kreislauf zurückführen. Chromleder hingegen ist eigentlich Sondermüll. Wie die Stiftung Warentest vor einiger Zeit beklagte, werde bei Stichproben in Lederwaren überdies noch immer vereinzelt verbotenes Pentachlorphenol nachgewiesen. Das Konservierungsmittel könne nach Meinung der Warentester aber die Gesundheit gefährden. Dabei könnten Kunden schadstoffarme Produkte leider schlecht erkennen. Es fehle einfach an Ökolabels für Schuhe. So sei das Zeichen Ökotex-Standard 100 zwar auf Textilien, nicht jedoch auf Leder in Kleidung oder Schuhen zu finden.

Etwas Schutz vor Chrom in konventionellen Ledersandalen könnten zwar dicke Socken bieten. Doch modebewussten Menschen, vor allem Frauen stehen allein schon bei dem Gedanken daran die Haare zu Berge. So ist es kein Wunder, daß es gerade in der römischen Modewelt zu erheblichem Entsetzen kam, als im vergangenen Jahr Archäologen im englischen Southwark bei Ausgrabungen eine römische, lebensgroße Bronzestatue entdeckten. Bisher waren die Wissenschaft wie auch die Modewelt davon ausgegangen, daß Römer grundsätzlich immer barfüßig in ihren Sandalen steckten. Seit dem Fund in Southwark allerdings muß nun die Geschichte in diesem Punkt umgeschrieben werden. Die Statue des Römers trug nämlich Socken. Shocking! Es wird ihnen halt zu kalt gewesen sein, mutmaßen die britischen Archäologen und fühlen sich dabei auch innerlich bestätigt. Wie Kenner der Archäologenszene Großbritanniens berichten, tragen nämlich die professionellen Ausgräber und Geschichtsprofessoren seit jeher gerne Socken in den Sandalen.

(Vgl. Meldungen vom 2001-09-05 und 2000-07-24.)

Source

Der Spatz vom 2004-05-06.

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