Krebsmittel: Schlagkräftiger Naturstoff aus der Zellfabrik

Im Kampf gegen multiresistente Keime oder bösartige Tumore - Wissenschaftler entwickeln Verfahren um Deoxyviolacein in großer „Stückzahl“ zu produzieren

Ob in Algen, Pilzen oder im Holz – in der Natur gibt es eine Reihe von Substanzen, die zunehmend in den Blickpunkt der Forschung rücken. Diese Naturstoffe sollen etwa vor Krankheitserregern oder Krebs schützen. Das Problem: Um ihre exakte Wirkung in Studien zu untersuchen, müssten sie in größeren Mengen vorhanden sein. Abhilfe können hier Biotechnologen um Professor Christoph Wittmann von der Saar-Uni schaffen: Sie haben ein Verfahren entwickelt, mit dem sie den Naturstoff Deoxyviolacein in ausreichender Menge in Bakterienkulturen herstellen. Auch andere dieser Substanzen lassen sich so produzieren. Die Studie wurde von der Fachzeitschrift „Biotechnology & Bioengineering“ veröffentlicht und als bedeutend eingestuft.

Im Kampf gegen multiresistente Keime oder bösartige Tumore versagen herkömmliche Therapien und Wirkstoffe oftmals. Gefragt sind daher neuartige Substanzen wie zum Beispiel die Naturstoffe Deoxyviolacein und Violacein, die in Algen vorkommen. „Studien haben gezeigt, dass sie Tumore abtöten, aber auch Krankheitserreger in Schach halten können“, berichtet Professor Christoph Wittmann vom Institut für Systembiotechnologie an der Universität des Saarlandes. Damit Forscher aber mehr über die exakte Wirkweise erfahren, müssten die Substanzen in viel größeren Mengen vorliegen.

Wittmann und sein Team haben nun ein Verfahren entwickelt, in dem sie Deoxyviolacein in großer „Stückzahl“ produzieren. „Wir nutzen dazu Escherichia coli-Bakterien, deren Stoffwechsel wir derart verändern, dass die Mikroorganismen den Naturstoff herstellen“, sagt Wittmann. Als Grundlage dient den Wissenschaftlern dabei die Aminosäure Tryptophan, die bei den Bakterien in natürlicher Form vorkommt und den Mikroorganismen als Ausgangsstoff für die Produktion dient.

Um den Wirkstoff in größeren Mengen zu erhalten, haben die Forscher zudem dafür gesorgt, dass die kleinen Zellfabriken in idealen Bedingungen wachsen können. „Dabei haben wir beispielsweise Faktoren wie Nährstoffzufuhr, Temperatur und pH-Wert berücksichtigt und untersucht, wie die Parameter eingestellt sein müssen, damit die Mikroorganismen optimal wachsen“, so der Professor.

Haben die Bakterien die Substanz produziert, können die Forscher „ihre Ernte einfahren“: In einem biotechnologischen Verfahren trennt das Team um Wittmann den Naturstoff von anderen Zellbestandteilen ab. „Mit der Methode erhalten wir bei einem Liter Bakterienlösung ein Gramm hochreines Deoxyviolacein, das in Form von Kristallen vorliegt“, berichtet Wittmann. Nur durch die Kombination des veränderten Stoffwechsels und der Verbesserung der Wachstumsbedingungen sei diese große Ausbeute möglich, sagt der Biotechnologe weiter.

Die Naturstoffe stehen so in ausreichender Menge für umfangreiche Studien zur Verfügung. Auch Violacein und weitere Naturstoffe können mit dem biotechnologische Verfahren hergestellt werden, wie der Saarbrücker Professor erläutert: „Tryptophan ist Ausgangstoff vieler Substanzen, die sich so relativ einfach produzieren lassen.“ Darüber hinaus ist es denkbar, die Methode in größerem Maßstab industriell einzusetzen, falls sich eine therapeutische Wirkung eines Naturstoffes in medizinischen Studien belegen lässt.

Die renommierte Fachzeitschrift „Biotechnology & Bioengineering“ hat die Arbeit der Saarbrücker Forscher als besonders innovativ und relevant eingestuft. Die Studie wurde veröffentlicht: „Systems metabolic engineering of Escherichia coli for gram scale production of the antitumor drug deoxyviolacein”.

DOI: 10.1002/bit.25297

Hintergrund

Die Wissenschaftler des Instituts für Systembiotechnologie an der Universität des Saarlandes arbeiten an mikrobiologischen Verfahren, die auf Basis nachwachsender Rohstoffe Chemikalien und Wirkstoffe produzieren. Darüber hinaus erforschen sie medizinisch relevante Mikroorganismen, um neue Therapiemöglichkeiten zu entwickeln.

 

Source

Universität des Saarlandes, Pressemitteilung, 2015-05-11.

Supplier

Universität des Saarlandes

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