Interpack: Startschuss für Biokunststoffe

Biologisch abbaubare Verpackungen, die in anderen westeuropäischen Ländern schon seit rund zwei Jahren erfolgreich Verbreitung finden, sollen in Kürze auch in Deutschlands SB-Ketten eingeführt werden. Die ab Mai in Kraft tretende dritte Novelle der Verpackungsverordnung (VVO) wird hierfür endlich die gesetzliche Grundlage schaffen. Die derzeit laufende Interpack in Düsseldorf bietet in ihrer Sonderschau “Innovationparc Bioplastics in Packaging” schon vorab interessante Aussichten auf den künftigen Bio-Kunststoffmarkt.

Obwohl Entsorgung und Verwertung kompostierbarer Kunststoffverpackungen durch den Paragrafen 6 der Verpackungsverordnung bereits geregelt sind, war ihr Einsatz in Deutschland bislang so marginal, dass die Markteinführung an der Verordnung eines flächendeckenden Entsorgungs- und Verwertungssystems für solche geringen Mengen scheitern musste.

Biokunststoffe erhalten Ausnahmeregelung

Durch das am 10. Mai angekündigte Inkrafttreten der Novelle der Verordnung sollen nun zertifizierte kompostierbare Kunststoffverpackungen von diesem Paragrafen ausgenommen werden, d.h. eine flächendeckende Entsorgung muss nicht mehr zwangsläufig gewährleistet sein und Quoten bzw. spezielle Optionen für die Verwertung bleiben offen. Lediglich besteht für Hersteller und Vertreiber die Verpflichtung, “dass ein möglichst hoher Anteil der Verpackungen einer Verwertung zugeführt wird”. Verpackungen mit dem Kompostsiegel können dann wahlweise in der Biotonne, dem Gelben Sack (DSD) oder auch im Restmüll entsorgt werden. “Diese Ausnahmeregelung, die bis 2012 gilt, wird einen wesentlichen Beitrag zur Förderung der Biokunststoffe leisten”, hofft Dr. Harald Käb, Vorsitzender des Vorstandes der Interessengemeinschaft Biologisch Abbaubare Werkstoffe (IBAW).

Optimismus wächst mit Besucherandrang

Der Optimismus der Branche wächst mit dem regen Interesse, welches der Sonderschau “Innovationparc Bioplastics in Packaging” in Düsseldorf entgegen gebracht wird. Neben aufmerksamem Fachpublikum ist auch reichlich Prominenz aus der Politik präsent. “Das Besucherinteresse ist sehr groß”, meldet Heike Koch von der Natura Packaging GmbH aus Rheine. Das Unternehmen produziert Lebensmittelverpackungen, Abfalltüten und Tragetaschen auf Basis nachwachsender Rohstoffe. “Die Technik steht”, so Koch, “und zurzeit ist eine unheimliche Bewegung im Markt.” So seien Vertreter großer deutscher Supermarktketten auch schon mit ganz konkreten Fragen vor Ort gewesen.

Wegfall des Grünen Punkts bringt Preiserleichterung

Auch Birgit Hunold, Produktmanagerin für Biophan, eine kompostierbare Folie auf Polymilchsäure-Basis (PLA), in der Treofan-Gruppe, freut sich über den Zulauf. “Das Fachpublikum kommt mit sehr gezielten Fragen. Die neuen Regelungen der Verpackungsverordnung sind jetzt schon zu spüren”, stellt sie fest und erklärt, dass ja nicht nur die Rechtsunsicherheiten beseitigt worden sind. Zu den wichtigen Nachteilen der nur in geringen Mengen produzierten Biokunststoffe zählt bisher auch der im Vergleich zu traditionellen Kunststoffen höhere Preis. Durch den Wegfall der Gebühr für den Grünen Punkt aber werden Verpackungen aus Biokunststoffen billiger. “Das macht rund ein Euro pro Kilogramm aus”, rechnet Hunold vor.

Bewusste Produktverantwortung – eigener Verwertungsweg

Wie günstig sich eine Markteinführung auch abzeichnen mag, in der IBAW bleibt man bodenständig. “Wir starten quasi bei Null”, weiß Käb und behandelt das Thema “Mengenprognosen” eher diskret. Sollten die neuen Vorgaben jedoch die Basis zur erfolgreichen Markteinführung von Biokunststoffen schaffen – womit die IBAW fest rechnet – könne man mittel- bis kurzfristig mit “nennenswerten Mengen” kalkulieren. In dem Fall sollen die Vorteile der Ausnahmeregelungen allerdings nicht bis 2012 ausgeschöpft werden. “Wir werden nicht dauerhaft Dritte, wie den Grünen Punkt oder die kommunale Entsorgung belasten”, erklärt Käb. Um der Produktverantwortung gerecht zu werden, ist schon geplant, Schritt für Schritt einen eigenen Verwertungsweg aufzubauen.

Handlungsempfehlung wird vorgestellt

Dazu hat der Verband eine Handlungsempfehlung erarbeitet, die er jetzt auf der Interpack vorgestellt hat. Darin sind drei Phasen der Umsetzung vorgesehen:

  • 1. Phase: “Start der Markeinführung”: Der Freiraum, den die Regelung der VVO ermöglicht, soll voll ausgeschöpft werden. Es gilt, die Markteinführung zunächst voranzutreiben.
  • 2. Phase: Mit wachsenden Anteilen von kompostierbaren Verpackungen im Markt soll am Auf- und Ausbau einer geregelten Verwertung für diese Produkte gearbeitet werden.
  • 3. Phase: Die in Verkehr gebrachten Mengen ermöglichen nun die Rücknahme, wie es Paragraf 6 der heute gültigen Verpackungsverordnung definiert. So wird ein geregelter Betrieb für die Zeit nach Ablauf des Privilegierungszeitraums ermöglicht.

Die Entwicklungsphasen sollen von einem noch zu gründendem Beirat begleitet und abgegrenzt werden, in dem sich die beteiligte Wirtschaft organisiert, u.a. Hersteller und Anwender von Verpackungen, Handel, Dienstleister und Entsorgungswirtschaft.

Appell zum Vertragsabschluss

Die an Nachhaltigkeitskriterien ausgerichtete Innovation Biokunststoffe / Biologisch Abbaubare Werkstoffe lebe seit ihrer frühesten Entwicklung vom verantwortungsbewussten Handeln der Beteiligten, welche überaus positiv wahrgenommen werde, betonte Käb. Dies sei ausschlaggebend für die Neuregelung der Verpackungsverordnung gewesen. Deshalb appelliere die IBAW an potenzielle Inverkehrbringer, sich der Handlungsempfehlung anzuschließen und durch Abschluss eines Vertrages mit einem Dienstleister verantwortungsbewusstes Handeln zu demonstrieren.

Die Interpack ist übrigens noch bis zum Mittwoch, dem 27. April geöffnet.

(Vgl. Meldung vom 2005-04-20.)

Source

K-Zeitung online vom 2005-04-25.

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