Gentechnik verspricht Designerbenzin

Effiziente Biokraftstoff-Produktion mit Bakterien

Die junge Biotechnologiefirma LS9 aus dem kalifornischen San Carlos hat nach eigenen Angaben eine Methode entwickelt, mit der gentechnisch veränderte Bakterien dazu gebracht werden können, Kohlenwasserstoffe zu produzieren, aus denen sich dann Treibstoffe gewinnen lassen wie heute aus Rohöl.

LS9 wurde von Harvard-Genetiker George Church und dem Stanford-Pflanzenbiologen Chris Somerville gegründet. Auf einer Konferenz der Society for Industrial Microbiology (SIM) Ende Juli berichtete das Unternehmen über seine Entwicklungen. Es sei gelungen, verschiedene Bakterien, darunter E. coli, gentechnisch so zu verändern, dass sie quasi “auf Bestellung” Kohlenwasserstoffketten produzieren. Um dies zu erreichen, verwendet die Firma Werkzeuge aus der synthetischen Biologie, um die genetischen Eigenschaften von Bakterien, Pflanzen und Tieren zu verändern.

“Ich bin von der Arbeit sehr beeindruckt”, kommentiert James Collins, Co-Direktor des Center for Advanced Biotechnology an der Boston University. Die Nutzung der synthetischen und systemischen Biologie, um Kohlenwasserstoff-produzierende Bakterien herzustellen, sei “hochinnovativ”.

In einigen Fällen verwendeten die LS9-Forscher auch Standard-DNA-Techniken, um den Mikroorganismen Gene zuzusetzen. In anderen Fällen wurden wiederum bekannte Gene im Computer neu gestaltet und dann synthetisiert. Die sich daraus ergebenden modifizierten Bakterien scheiden dann Kohlenwasserstoffmoleküle aus – mit einer molekularen Struktur, wie sie die Firma benötigt.

Der Biochemiker Stephen del Cardayre, LS9-Vizepräsident für Forschung und Entwicklung, ist überzeugt, dass sein Unternehmen hunderte verschiedener Kohlenwasserstoffmoleküle herstellen kann. Dies ergäbe unter anderem Rohöl ohne die unerwünschten Schwefelverunreinigungen. Das Produkt könne dann ebenso wie Erdöl von herkömmlichen Raffinerie verarbeitet werden.

LS9 verwendet aktuell Zucker aus Mais als Nahrungsquelle für seine Bakterien. Mit der für die Zukunft anvisierten Biomasseherstellung aus Zellulose hofft Del Cardayre, bis zu 19.000 Liter Spritöl pro Hektar Anbaufläche erzeugen zu können – Die Erzeugung synthetischer Kraftstoffe in Biomass-to-Liquid-Verfahren beispielsweise ergibt rund 3.900 Liter Kraftstoffäquivalent pro Hektar. Im Vergleich zu Bio-Ethanol sollen die Kohlenwasserstoff-Treibstoffe bis zu 30 Prozent mehr Energie enthalten. Zudem soll in der Produktion weniger Energie benötigt werden. Ethanol aus Hefe muss zunächst destilliert werden, um Wasser zu entziehen – das macht 65 Prozent mehr Energiebedarf.

Bereits 2008 will LS9 eine Pilotanlage in Kalifornien bauen. In drei bis fünf Jahren soll das Verfahren marktreif sein.

Weitere Firmen setzen auf ähnliche Konzepte
Eine weitere in Kalifornien beheimatete Firma, Amyris Biotechnologies, nutzt ebenfalls Pflanzen- und Tiergene, um mit Mikroorganismen erneuerbare Kohlenwasserstoff-basierte Designer-Treibstoffe zu schaffen. Laut Entwicklungschef und Mitgründer Neil Renninger ist der Hauptunterschied zwischen den Ansätzen der beiden Firmen, dass LS9 an einem Biorohöl arbeite. Amyris dagegen wolle Treibstoffe herstellen, die nur wenige oder gar keine Verarbeitungsschritte mehr benötigen – sprich: Benzin aus Bakterien. Auch Amyris will eine Pilotproduktionsanlage aufbauen, sie soll Ende nächsten Jahres fertig sein. Mit der kommerziellen Produktion will man ebenso wie LS9 in drei bis fünf Jahren beginnen.

Der Genforscher Craig Venter, Mitbegründer und Chef von Synthetic Genomics, arbeitet ebenfalls an Biotechnologieverfahren zur Verbesserung der Treibstoffproduktion und begrüßt die parallelen Entwicklungen ausdrücklich: “Wir brauchen Hunderte, wenn nicht Tausende verschiedener Lösungen.” So arbeiteten seines Wissens nach allein ein Dutzend Forschergruppen und Labore an Biotreibstoffen aus Bakterien auf Zuckerbasis. Auch Venter will Mikroorganismen herstellen, die Treibstoff produzieren.

Zum Beitrag “Benzin aus Bakterien” des Technology Review vom 2007-08-14.

(Vgl. Meldungen vom 2006-10-18, 2005-05-11 und 2004-02-04.)

Source

Technology Review, 2007-08-14.

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