Forschung für alternative Kautschukressourcen wird mit 5,6 Mio. Euro gefördert

Internationale Kooperation im Projekt "EU-PEARLS"

In dem Projekt “EU-PEARLS” (EU-based Production and Exploitation of Alternative Rubber and Latex Sources), das von der niederländischen Universität Wageningen koordiniert wird, arbeiten universitäre Partner, Forschungszentren und Unternehmen aus fünf EU-Ländern sowie aus der Schweiz, Kasachstan und den USA zusammen, um alternative Kautschukquellen zu erschließen. Im Rahmen des Projekts werden auch Prof. Prüfer und seine Mitarbeiter von der Universität Münster die Mechanismen der Herstellung von Kautschuk durch den Löwenzahn erforschen.

Russischer Löwenzahn. © Christian Schulze Gronover
Russischer Löwenzahn. © Christian Schulze Gronover

Prof. Dr. Dirk Prüfer und seine Mitarbeiter vom Institut für Biochemie und Biotechnologie der Pflanzen der WWU arbeiten daran, für die Gummiherstellung aus Löwenzahn die optimalen Voraussetzungen zu schaffen: Sie wollen eine Löwenzahnsorte züchten, die aufgrund ihrer Eigenschaften für die Kautschukproduktion noch wesentlich besser geeignet ist als die herkömmliche Pflanze. Zudem betreiben sie Grundlagenforschung, um die biologischen Mechanismen der Kautschukproduktion besser zu verstehen. Die Erforschung Kautschuk liefernder Pflanzen wird durch das neue EU-Projekt “EU-PEARLS” vorangetrieben. Das Projekt wird von der Europäischen Union mit 5,6 Millionen Euro gefördert. 682.000 Euro davon gehen an die münsterschen Forscher.

“Durch die steigenden Ölpreise wird Naturkautschuk wieder interessanter”, so Prof. Prüfer. Allerdings hat der herkömmliche Naturkautschuk, der aus dem Gummibaum gewonnen wird, zwei Nachteile: Die derzeit produzierte Menge ist kaum ausreichend und könnte auch kurzfristig nicht erhöht werden. Zudem löst Naturkautschuk, der aus dem Gummibaum gewonnen wird, häufig Allergien aus, im Gegensatz zu synthetisch hergestelltem Kautschuk – und im Gegensatz zu Kautschuk aus Löwenzahn.

Während der in Deutschland heimische Löwenzahn nur sehr geringe Mengen an Kautschuk produziert und daher für die Gummiherstellung uninteressant ist, liefert der aus Russland stammende Löwenzahn (Taraxacum koksaghyz) große Mengen davon – der Kautschukanteil macht über ein Drittel des Milchsaftes der Pflanze aus. Allerdings gibt es ein “Problem”: “Sobald die Pflanze verletzt wird und latexhaltiger Milchsaft austritt, wird der Saft braun und fließt nicht mehr”, erklärt Prof. Prüfer. Diese Reaktion dient dem Verschluss von Verletzungen des Pflanzengewebes. Gleichzeitig behindert diese Eigenschaft jedoch die Kautschuk-Gewinnung.

Die Forscher wissen, welches Enzym für die Gerinnung des austretenden Milchsafts verantwortlich ist. “Bei Pflanzen, in denen wir das zuständige Gen durch gentechnologische Methoden ausgeschaltet haben, gibt es diesen Fließ-Stopp nicht. Sie sind für die Kautschuk-Produktion bestens geeignet. Allerdings untersuchen wir diese Pflanzen nur im Labor, sie sollen nicht in die Umwelt gelangen”, so Prof. Prüfer. Die Forscher wollen daher durch klassische Züchtung eine Pflanze erhalten, bei der der Fließ-Stopp ebenfalls ausgeschaltet ist. Bis eine solche Zuchtlinie entstanden und “marktreif” ist, vergehen etwa fünf Jahre, schätzt Prof. Prüfer. Dann könnte der Löwenzahn den Rohstoff zur Reifenherstellung liefern, aber auch für Produkte wie antiallergene Handschuhe oder Kondome.

Ein großer Vorteil des Löwenzahns ist seine Anspruchslosigkeit. Er wächst auf Böden, die zur Produktion von Nutzpflanzen nicht geeignet sind, und er wäre problemlos auch in Deutschland anbaubar. Da der Russische Löwenzahn nicht so vermehrungsfreudig ist wie sein einheimischer Verwandter, befürchten die Forscher nicht, dass er sich massiv in der Natur ausbreiten würde.

Der aus Löwenzahn gewonnene Kautschuk hat soweit bislang bekannt die gleichen Eigenschaften wie der synthetische; so ist zum Beispiel die Elastizität identisch. Die Idee, Löwenzahn zur Gummiproduktion zu verwenden, ist nicht neu. “Der Russische Löwenzahn wurde schon während des zweiten Weltkriegs genutzt, von Russland, den USA und auch von den deutschen Nationalsozialisten”, so Prof. Prüfer.

Sollte der Russische Löwenzahn künftig großflächig angebaut werden, müsste noch ein Problem gelöst werden: Der Appetit der Kaninchen. “Andererseits löst sich das Problem vielleicht auch von selbst dadurch, dass die Kaninchen mit dem Fressen einfach nicht nachkommen”, sagt Prof. Prüfer schmunzelnd. “Das wissen wir nämlich von den Salatbauern: Die Menge macht’s.”

Source

Informationsdienst Wissenschaft, Pressemitteilung, 2008-10-10.

Supplier

Wageningen University
Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster

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