FNR-Infobrief Januar 2010

Biokraftstoffbranche: Zertifizierung für mehr Akzeptanz

In die Biokraftstoffbranche ist wieder Bewegung gekommen. Dabei gibt es sowohl positive als auch negative Entwicklungen. Fangen wir mit dem Positiven an: Beim Thema Nachhaltigkeit, das vor 2 Jahren noch für massive Medienschelte sorgte, dominiert momentan das konstruktive Angehen der Probleme. Dazu hat vor allem die schnelle Reaktion der Bundesregierung auf die Nachhaltigkeitsvorgaben der EU beigetragen.

FNR-Infobrief_2010-1.jpgWir erinnern uns: In der im Juni in Kraft getretenen Richtlinie für Erneuerbare Energien wird nicht nur ein EU-weiter verbindlicher Anteil von 10 Prozent regenerativer Energie im Verkehrssektor bis 2020 geregelt. Dieser Anteil muss, sofern er aus flüssigen Biokraftstoffen besteht, auch bestimmte Nachhaltigkeitsanforderungen erfüllen. Die Nationalstaaten haben bis Ende 2010 Zeit, diese Anforderungen in nationales Recht umzusetzen und die benötigten Nachweissysteme zu entwickeln. Schon am 24. August 2009 wurde die Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung (BioSt-NachV) und die Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung (Biokraft-NachV) am 2. November 2009 in Kraft gesetzt.

Zum Jahresanfang 2010 verfügen wir nun mit dem Zertifizierungssystem ISCC (International Sustainability and Carbon Certification) auch über das EU-weit erste vorläufig offiziell anerkannte Zertifizierungssystem. BMELV und FNR haben mit der Förderung von ISCC nicht unerheblich zu dieser schnellen Umsetzung beigetragen. Bereits ab Ende 2006 hatte die FNR die konzeptionelle Entwicklung des Zertifizierungsansatzes sowie im Anschluss dessen zweijährige Erprobung in einer Pilotphase unterstützt. Mit der jetzt erfolgten vorläufigen Anerkennung von ISCC durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung startet gleichzeitig die Implementierungsphase, die ebenfalls aus dem Förderprogramm Nachwachsende Rohstoffe unterstützt wird. Welche Nachhaltigkeitsprobleme durch die Zertifizierung ausgeschlossen werden sollen und wie das im Einzelnen funktioniert, können Sie in diesem Infobrief im Beitrag “ISCC als Zertifizierungssystem für die nachhaltige Biomasseproduktion vorläufig anerkannt” nachlesen.

Das Erfreuliche ist, dass ISCC nun wirklich schnell konkret wird: Bereits ab Februar können die ersten regulären Zertifizierungen erfolgen. Von dem gesamten Konzept erhoffen wir uns weitreichende positive Folgen: Mehr Akzeptanz für Bioenergie und Erfahrungen für weitergehende Zertifizierungen nachhaltiger Biomasse für andere Nutzungen.

Das Ziel einer globalen, alle Branchen umfassenden Biomasse-Zertifizierung ist zwar noch Zukunftsmusik, aber mit dem Bioenergiebereich haben wir einen vielversprechenden Anfang gemacht.

Neue Rahmenbedingungen gibt es nicht nur für die Produktion von Biokraftstoffen, sondern in Deutschland auch für ihren Absatz. Die frisch gewählte Bundesregierung hat angekündigt, den Reinkraftstoffmarkt wieder beleben zu wollen und dies in ihrem Wachstums-Beschleunigungsgesetz konkretisiert. Sie plant, den Steuersatz für reinen Biodiesel und Pflanzenöl bis 2012 auf dem Stand von 2009, also auf 18,3 Cent pro Liter, einzufrieren. Damit ist ein erster wichtiger Schritt getan.

Positive Ergebnisse förderte ein von der FNR unterstütztes Projekt zum Thema Mutagenität von Biokraftstoffen zu Tage. Nach der bislang eher medial als wissenschaftlich geführten Diskussion steht nun fest, dass bei Biodiesel und Pflanzenöl im Vergleich zu fossilen Diesel von keinem erhöhten Mutagenitäts-Risiko auszugehen ist. Die Untersuchung wurde 2007 beauftragt, um neue Erkenntnisse in dieser Frage zu gewinnen, nachdem bereits 2006 Forscher des Johann Heinrich von Thünen-Instituts, der Universität Bochum und der Hochschule Coburg ähnliche Untersuchungen durchgeführt hatten. Sie waren damals, allerdings mit Hilfe einer anderen Methodik, zu dem Schluss gekommen, dass Rapsölkraftstoff bis zu 30 mal mutagener als fossiler Kraftstoff sei. Beim jetzigen Vorhaben der TU Graz und Partner lagen hingegen alle gefundenen Hinweise auf Mutagenität im Bereich der Nachweisgrenze und waren noch dazu uneinheitlich und in ähnlicher Form auch bei den fossilen Vergleichskraftstoffen vorhanden. Das BMELV will weitere Untersuchungen fördern, um herauszufinden, wie die unterschiedlichen Ergebnisse zustande gekommen sind.

Neuen Schwung erhält auch die Entwicklung von BtL-Verfahren, nachdem es hier in den vergangenen Monaten etwas stiller geworden ist, weil einige Ansätze nicht so schnell vorankommen, wie die noch vor wenigen Jahren vorherrschende Aufbruchstimmung dies hätte erwarten lassen, und die Wirtschaft sich in nur geringem Maße an der Entwicklung von Anlagen beteiligt oder sich gar aus Projekten zurückzog. Eine der Ursachen dafür liegt sicherlich im Thema Elektromobiltät begründet, das zurzeit alle Überlegungen zu alternativer Mobilität dominiert. Nach wie vor ist BtL jedoch ein Biokraftstoff mit überzeugenden Eigenschaften, nach wie vor ist der Aufbau einer BtL-Produktion schneller umsetzbar als die Umstellung eines Großteils der Fahrzeugflotte auf Elektro-Antrieb. Damit kommt diesem pflanzlichen Kraftstoff – zumindest als Übergangslösung – weiterhin große Bedeutung zu. Dies sind auch die Gründe, für eine weitere Förderung durch das BMELV. Die BtL-Pilotlinie am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) kann dank der vorgezogenen Bereitstellung weiterer Fördermittel aus dem Konjunkturpaket II nun sogar schneller als geplant vervollständigt werden. Zwar handelt es sich auch bei dieser Pilotlinie noch nicht um eine kommerzielle Produktionseinheit, doch das vielversprechende “bioliq®”-Verfahren kann in Karlsruhe künftig im Rahmen einer vollständigen Anlage untersucht werden. Damit steht uns möglicherweise in wenigen Jahren eine gut erforschte weitere BtL-Route zur Verfügung, die dann in den wirtschaftlichen Maßstab übertragbar ist.

Trotz oder vielleicht gerade wegen der verlangsamten Entwicklungsdynamik wird die FNR auch 2010 wieder einen BtL-Kongress organisieren. Es wird dann bereits die 4. Veranstaltung in dieser Reihe sein, die sich mittlerweile als internationale Leitveranstaltung etabliert hat. Der Kongress stellt nicht zuletzt eine gute Gelegenheit dar, mit allen Beteiligten die Probleme und weiteren Perspektiven der BtL-Kraftstoffe zu analysieren.

FNR Infobrief Januar 2010: Inhalt

  • Biokraftstoffe
    ISCC als Zertifizierungssystem für die nachhaltige Biomasseproduktion vorläufig anerkannt
    10 Millionen € für Fertigstellung der BtL-Pilotlinie in Karlsruhe
    Abgase von Biokraftstoffen sind nicht mutagener als die fossiler Kraftstoffe
  • nature.tec
    nature.tec
  • Bauen/Dämmen
    BAUnatour auch 2010 on Tour!
    FNR-Fachberatung Bauen im Februar auf der Bautec in Berlin
  • Bioenergie-Regionen
    Beispiel-Region Mittelhessen
    Begleitforschung: erste Ergebnisse
  • Kurznachrichten

Weitere Informationen
FNR Infobrief Januar 2010; als PDF-Dokument hier.

Source

FNR-Infobrief, 2009-10-29.

Supplier

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR)

Share

Renewable Carbon News – Daily Newsletter

Subscribe to our daily email newsletter – the world's leading newsletter on renewable materials and chemicals

Subscribe