DaimlerChrysler verwendet Naturfaser-Bauteil im Exterieur der Mercedes-Benz A-Klasse

Public-Private-Partnership: DaimlerChrysler fördert Wiederaufforstungs-Projekt auf den Philippinen

  • Erster Naturfaser-Einsatz in der Serienproduktion im Personenwagen-Außenbereich

  • Abacafaser ersetzt Glasfaser im Unterbodenschutz
  • DaimlerChrysler setzt langjährige Naturfaser-Kompetenz in innovative Anwendung um

Stuttgart, 29.06.2005 – A-ModellDaimlerChrysler setzt die extrem zugfeste Naturfaser der Abaca-Banane serienmäßig in der Ersatzradmuldenabdeckung des Mercedes-Benz A-Klasse Coupé ein. Nachdem das Unternehmen Naturfasern wie Flachs, Hanf, Sisal und Kokos seit Jahren im Innenraum von Personenwagen und Nutzfahrzeugen der Marke Mercedes-Benz verwendet, wird damit erstmals ein Bauteil im Exterieur von Personenwagen verbaut.

DaimlerChrysler-Forscher haben die neuartige Mischung aus Polypropylen-(PP)-Thermoplast und der darin eingebetteten Bananenfaser im Jahr 2002 patentiert. Der philippinische Halbzeughersteller Manila Cordage liefert die Fasern der Bananenart “Musa textilis”. Die Bauteile werden von dem Automobil-Zulieferer Rieter in der Schweiz hergestellt.

Für die Produktion der Bauteile wurde der sogenannte Direktverarbeitungsprozess für langfaserverstärkte Thermoplaste “d-LFT” für Naturfasern weiter entwickelt. Die Herausforderung bestand darin, die maschinell erforderliche Präzision an Naturfasern anzupassen, die natürlichen Schwankungen etwa in Länge und Faserstärke unterliegen, und die besonderen Anforderungen an ein Bauteil im Aussenbereich wie Steinschlag-, Verwitterungs- und Feuchteresistenz zu erfüllen.

“Seit mehr als 15 Jahren forschen wir am Einsatz von Naturfasern im Automobilbau und kennen Herausforderungen, Vorteile und das Potenzial dieses umweltfreundlichen Werkstoffs”, sagt Prof. Dr. Herbert Kohler, Leiter der Forschungsdirektion Fahrzeugaufbau und Antrieb und DaimlerChrysler-Umweltbevollmächtigter. “Dort, wo es wirtschaftlich und funktional sinnvoll ist, werden wir den Einsatz erneuerbarer Rohstoffe weiterhin fördern. Wir gehen davon aus, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verbessern und die Bedeutung von Naturfasern im Automobilbau zunehmen wird.”

Naturfasern sind ressourcenschonend und nachwachsend. Der konkrete Nutzen für die Umwelt ergibt sich gegenüber der Glasfaser aus der sehr guten Öko-Bilanz der Abaca-Faser bezogen auf die Herstellung, die Nutzung und die Wiederverwertung. Die Herstellung der Glasfaser, die bei der Ersatzradmuldenabdeckung der A-Klasse fast vollständig ersetzt werden kann, ist sehr energieintensiv. Durch die Abaca-Faser kann bis zu 60 Prozent Energie gespart und somit die CO2-Emission in der Herstellphase des Rohstoffes deutlich verringert werden. Die bei der Herstellung der Faser entstehenden Reststoffe sind als organischer Dünger verwendbar.

Der Automobilzulieferer Rieter hat in Zusammenarbeit mit dem Know-How der Forscher von DaimlerChrysler die Herausforderung gemeistert, den Herstellungs-Prozess für die Naturfasern anzupassen und diese gleichmäßig in der Polypropylen-(PP)-Matrix zu verteilen. Nachdem das Bauteil alle DaimlerChrysler-Funktionsprüfungen bestanden hatte, wird es seit September 2004 im A-Klasse Coupé eingebaut.

“Wir haben unser Know-How aus anderen Projekten in die mehrjährige Entwicklung des Abaca-Bauteils eingebracht und es härtesten Funktionsprüfungen unterworfen. Denn Voraussetzung für die Verwendung in der Serie ist, dass Naturfaser-Bauteile den gleichen strengen Anforderungen genügen wie herkömmliche Bauteile”, sagt Prof. Dr. Herbert Kohler. “Als einziger Automobilhersteller verwenden wir mit der Ersatzradmuldenabdeckung der Mercedes-Benz A-Klasse Naturfasern auch im Exterieur. Damit nutzen wir konsequent das Potenzial des Werkstoffes und leisten gleichzeitig einen Beitrag zum Erfolg des Abaca-Projektes, das wir auf den Philippinen unterstützen.”

Abaca-ErnteDie Abacafasern sind 1,5 bis 2,7 Meter lang, sehr zugfest, verrottungsbeständig und werden traditionell zur Seilherstellung verwendet. Die Abaca-Bananenstaude, deren Blätter von einem Schein-Stamm mit extrem langen, faserverstärkten und ineinander eingerollten Blattstielen gehalten werden, wird auf den Philippinen angebaut. Nach der Ernte werden diese Blattscheiden vereinzelt und die Fasern in Handarbeit mit einem Metallkamm herausgelöst. Die Bauern kämmen die langen, weißen Fasern nochmals und hängen sie zum Trocknen über Leinen. Die Fasern werden in Ballen zum Halbzeughersteller Manila Cordage transportiert, wo die Fasern werden an Hand von Qualitätsmerkmalen klassifiziert, sortiert, zu Vorgarnen verarbeitet, auf Spulen gewickelt und zum Automobil-Zulieferer Rieter geschickt werden.

Bei Rieter werden die auf Spulen angelieferten Abaca-Fasern der Compoundier-Einheit zugeführt und dort in die Polypropylen-Matrix bei 180°C eingebettet. Die entstehende noch formfähige Faser-Matrix-Matte wird in eine Presse eingelegt und dort zum Bauteil verpresst. Dieser Schritt ist durch den Einsatz der Naturfaser sehr anspruchsvoll, da die Masse viskoser ist und gut in der Form verteilt werden muß.

RegenwaldDaimlerChrysler setzt die Naturfasern nicht nur in der Produktion ein, sondern fördert auch deren nachhaltigen Anbau im “Globalen Nachhal-tigkeitsverbund”. In einem Public-Private-Partnership-(PPP)-Projekt gemeinsam mit der Universität Hohenheim und der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) wird auf den Philippinen der tropische Regenwald im Stockwerkbau wiederaufgeforstet und in dem Artengemisch nach natürlichen Vorbild die Abaca-Bananenstaude angebaut. Die Weiterverarbeitung der Abaca-Pflanze schafft Arbeitsplätze für die einheimischen Bauern.

Der europäische Verbund-Werkstoff-Verband “JEC-Gruppe” (JEC=Journals and Exhibitions on Composites) hat am 5. April 2005 in Paris den diesjährigen “JEC-Award” in der Kategorie “Ground Mass Transportation” an DaimlerChrysler, Rieter und Manila Cordage für den innovativen Einsatz der Abaca-Pflanzenfaser im Unterbodenschutz verliehen.

Public-Private-Partnership: DaimlerChrysler fördert Wiederaufforstungs-Projekt auf den Philippinen

  • Eröffnung des “Abaca Processing Center” auf der Philippinen-Insel Leyte
  • Nachhaltiger Anbau der Abaca-Banane schafft Arbeitsplätze
  • Abaca-Faser wird in der Mercedes-Benz A-Klasse für die Ersatzradmuldenabdeckung eingesetzt

Leyte/Stuttgart, 29.06.2005 – Auf der philippinischen Insel Leyte arbeitet DaimlerChrysler seit Januar 2004 in einem öffentlich-privaten Gemeinschaftsprojekt (“Public Private Partnership”, PPP) mit der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) und der Universität Hohenheim zusammen. Ziel ist es, die Abacastaude nachhaltig anzubauen und gleichzeitig die Produktionsprozesse der Abacafaser zu optimieren.

Als weiterer Projektmeilenstein wird heute das “Abaca Processing Center” der Universität Leyte durch Prof. Dr. Herbert Kohler, Leiter der Forschungsdirektion Fahrzeugaufbau und Antrieb und DaimlerChrysler-Umweltbevollmächtigter, und Dr. Michael Inacker, Leiter Politik und Außenbeziehungen der DaimlerChrysler AG sowie Prof. Dr. Friedhelm Göltenboth und Prof. Dr. Dr. h.c. Werner Mühlbauer, beide Universität Hohenheim, eingeweiht. Durch die Einrichtung dieser zentralen Erfassungsstelle für Abaca-Fasern wird die Voraussetzung für eine Zertifizierung der Aufbereitung der Abacafasern aus ökologischer Produktion geschaffen.

“Als globaler Konzern ist es unser Anspruch, die Rahmenbedingungen der Globalisierung fair zu gestalten”, sagt Dr. Michael Inacker. “Aus dem Bewusstsein sozialer Verantwortung engagieren wir uns im ‚Globalen Nachhaltigkeitsverbund’, um ökonomische, ökologische und gesellschaftliche Ziele in Einklang zu bringen.”

“Ziel des Abaca-Projekts ist es, gemeinsam mit unseren Partnern eine Win-Win-Situation aus Ökonomie und Technologie, Ökologie und Sozialem zu schaffen und ein beispielhaftes Projekt für die Region aufzubauen”, sagt Prof. Dr. Herbert Kohler. “DaimlerChrysler unterstützt mit dem Know-How zur Naturfasertechnologie und schafft mit der Anwendung in der A Klasse einen neuen Absatzmarkt für die Abaca-Faser.”

Als weitere Projektpartner in dem PPP-Projekt sind außer DaimlerChrysler und der DEG die Universität Hohenheim, die Fachhochschule Reutlingen, die Leyte State University, das National Abaca Research Center (beide Philippinen), Stiftung Europäisches Naturerbe (EURONATUR) und der Automobil-Zulieferer Rieter mit Subaufträgen beteiligt.

Die Projektinhalte reichen von der Auswahl geeigneter Pflanzensorten, der Verbesserung der Stecklingsvermehrung und -kultur, den optimalen Formen der Mischkultur bei der Wiederaufforstung des Regenwaldes über die geeignete Herstellung und Verarbeitung der Fasern bis hin zur Entwicklung des optimalem Materialmixes und des Prozesses für den Einsatz in einem Serienbauteil im Aussenbereich des Autos.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Ausbildung und die Weitergabe der Erfahrungen an Bauern vor Ort. In allen Bereichen wurden bereits vielversprechende Ergebnisse erzielt.

“Für einen nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg sind neben sozialen Aspekten auch ökologische Faktoren zu berücksichtigen. Wir sind deshalb darauf bedacht, uns auf Projekte zu konzentrieren, die einen ganzheitlichen Ansatz berücksichtigen und es uns erlauben, soziale wie ökologische Aktivitäten unmittelbar mit den Kernkompetenzen unseres Unternehmens zu verbinden”, sagt Dr. Michael Inacker.

Seit rund 50 Jahren ist der Regenwald auf den Philippinen weitgehend von der Insel verschwunden. Er wurde gerodet, um in erster Linie Platz zu schaffen für Kokosplantagen. Ziel des Abaca-Projektes ist es, diese Monokulturen mit heimischen Pflanzen und Bäumen aufzuforsten. Die Projektpartner leiten die Bauern zum “Rainforestation-Farming” an. Gepflanzt werden nicht mehr auschließlich Kokosnüsse, sondern es entsteht eine Mischkultur aus Abaca-Bananen, Maniok und Durian-Bäumen. Durian-Bäume sind ortstypische Pflanzen mit Früchten, die ein Gewicht von durchschnittlich 2 Kilo erreichen.

Die natürliche Aufforstung des Regenwaldes stoppt die durch Kahlschlag und Rodung verursachte Bodenerosion. Die Hänge, die von Erdrutschen abgetragen wurden, werden stabilisiert. Die Artenvielfalt, die im Regenwald auf den Philippinen höher als im Amazonasgebiet ist, hat so eine Chance, erhalten zu werden. Zugleich schafft die Weiterverarbeitung der Abaca-Pflanze Arbeitsplätze für die einheimischen Bauern und beschert ihnen ein zehnfach höheres Einkommen und bessere Lebensverhältnisse.

Auf dem “Second Environmental Forum Magdeburg”, das DaimlerChrysler und das “United Nations Environmental Program” (UNEP) im Jahr 2001 veranstaltet haben, wurde das Abaca-Projekt konzipiert und auf dem “Third Environmental Forum Magdeburg” 2003 gestartet. Gleichzeitig wurde in Magdeburg 2003 das Naturfaser-Netzwerk “South South North Natural Fiber Dialogue” gegründet, zu dem auch Partner aus Brasilien und Südafrika gehören, um Erfahrungen auszutauschen und weiter zu geben.

Die Abaca-Kooperation ist das jüngste Projekt im “Globalen Nachhaltigkeitsverbund” von DaimlerChrysler, der vor zwölf Jahren in Brasilien mit dem POEMA-Projekt begann und mittlerweile auf Projekte in Südafrika, Indien, Philippinen und Freiberg/Sachsen ausgeweitet wurde. Die zwei Schwerpunkte sind, nachwachsende Rohstoffe verstärkt in die Automobilproduktion einzubinden und erneuerbare Energien als Ersatz für herkömmliche Treibstoffe zu nutzen.

(Vgl. Meldungen vom 2005-06-30, 2005-04-11 und 2003-10-17.)

Source

Daimler-Chrysler-Pressemitteilungen vom 2005-06-29.

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