Berliner Projekttag: Wie sich Biomasse veredeln lässt

Forschungsprojekte und Praxisbeispiele zur Umsetzung des "Aktionsplans zur stofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe"

Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) baut die biotechnologische Forschung zur stofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe aus. “Mit zwei neuen Förderschwerpunkten zur stofflichen Nutzung des Holzstoffes Lignin und zur Entwicklung biobasierter Polymere intensivieren wir die Forschung zu biobasierten Kunststoffen”, sagte Andreas Schütte, Leiter der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe am 15. Dezember vor 190 Teilnehmern auf dem Projekttag “Stoffliche Biomassenutzung” in Berlin.

Auf der Konferenz wurde spürbar: Die Nutzung von biobasierten Produkten nimmt stetig zu, viele Forschungsprojekte könnten in den nächsten Jahren für neuartige Erdöl-Alternativen sorgen. Im Wirtschaftskreislauf insgesamt aber spielen nachwachsende Rohstoffe immer noch eine untergeordnete Rolle.

Die Umstellung der Wirtschaft von fossilen auf nachwachsende Rohstoffe wird das 21. Jahrhundert bestimmen. Um den Prozess voranzutreiben, hat die Politik mehrere Initiativen gestartet. Ein Baustein zu einer zukünftigen Wirtschaft auf “grünen” Füßen ist die Nationale Forschungsstrategie BioÖkonomie 2030. Unter Federführung und maßgeblicher Beteiligung des BMBF wollen vier Ministerien bis 2016 insgesamt 2,4 Milliarden Euro in entsprechende Forschungsprojekte stecken (mehr…).

Aktionsplan zur Verwertung nachwachsender Rohstoffe
Schon im vergangenen Jahr veröffentlichte die Bundesregierung den “Aktionsplan zur stofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe”. Die Regierung bekundet darin ihre Absicht, den Biomasseanteil und dessen effizientere Nutzung deutlich zu steigern (mehr…). Für die Umsetzung setzt die Bundesregierung auf den Dialog mit Wirtschaft und Wissenschaft. Gefördert werden sollen Forschung und Entwicklung in Branchen wie der Werkstoffindustrie und der Weißen Biotechnologie. Der am 15. Dezember in Berlin abgehaltene Projekttag stellte Vorhaben vor, die im Förderprogramm “Nachwachsende Rohstoffe” des BMELV gefördert werden. Insgesamt werden 250 Projekte mit einem Fördervolumen von insgesamt 65 Millionen Euro unterstützt.

In der Berliner Landesvertretung von Mecklenburg-Vorpommern diskutierten knapp 200 Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft über neue Verfahren zur Produktion biobasierter Werk- und Wertstoffe, über Bioraffinerien sowie den Anbau von Arzneipflanzen. Andreas Schütte von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe, die als Projektträger für das BMELV-Förderprogramm agiert, kündigte vier neue Förderschwerpunkte an: Sie umfassen Bioenergieträger, den Energiepflanzenanbau, biobasierte Kunststoffe sowie die Nutzung des Holzstoffs Lignin. Insbesondere bei den letzten beiden Punkten spielen biotechnologische Verfahren eine Schlüsselrolle. Wenn die Umstellung der Rohstoffversorgung vom Erdöl zu nachwachsenden Materialien erfolgreich sein solle, komme es darauf an, biotechnologische Verfahren möglichst gut in die bestehenden chemischen Syntheseverbünde zu integrieren, sagte Thomas Hirth vom Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB). Das sei ein gradueller Prozess.

“Deutschland ist ein Veredelungsland”
Deutschland müsse sich dabei auf seine Stärken besinnen, stellte Klaus-Dieter Vorlop vom Johann Heinrich von Thünen-Institut klar. Diese liegen nach Ansicht des Experten weniger in der Biomasseherstellung, sondern im Verarbeitungs-Know-how: “Deutschland ist kein Rohstoff- sondern ein Veredelungsland”, sagte Vorlop. “Wir sind Rohstoffimporteur und werden es auch bleiben.”

Gleichwohl stehen biobasierte Produkte und Verfahren noch vor großen Herausforderungen. “Die Performance der verfügbaren Materialien ist vielfach schon überzeugend. Und auch wenn heute je nach Werkstoff noch mehr bezahlt werden muss, geht der Trend auch bei den Preisen in die richtige Richtung. Am Ende müssen natürlich beide Faktoren für eine breite Marktdurchdringung der Produkte stimmen”, so Roland Scharathow vom Industrieverband European Bioplastics am Rande der Tagung.

Bioschmierstoffe preislich fast gleich zu synthetischen Ölen
Bei Bioschmierstoffen für Windräder sei man bereits fast auf dem gleichen Preisniveau angekommen, erläuterte Rolf Luther von der Fuchs Europe Schmierstoffe GmbH. Gleichwohl dominierten noch synthetische Öle den Markt. Wegen der Umweltvorteile der Bioschmierstoffe nähme deren Nutzung jedoch zu und liege bereits im “zweistelligen Prozentbereich”.

Einige Tage vor dem Projekttag hatte der Bau an einer Pilot-Bioraffinerie am Chemiestandort Leuna begonnen (mehr…). Zunächst werden dort von den Betreibern Prozesse getestet werden, die langfristig darauf abzielen, aus Holzresten erzeugte chemische Basischemikalien in die chemische Produktion zu integrieren. Auf der Tagung konnten nur einige der insgesamt 250 finanzierten Projekte vorgestellt werden. Ob diese Aktivitäten dazu führen, Deutschland eine international führende Rolle bei der stofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe zu sichern, wird sich erst im Verlauf der nächsten Jahrzehnte zeigen.

Source

biotechnologie.de, 2010-12-16.

Supplier

Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)
European Bioplastics e.V.
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR)
Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB)
Fuchs Schmierstoffe GmbH
Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI)

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