AUS für Bioraffinerie in Schaffhausen

Die Bioraffinerie im schweizerischen Schaffhausen galt in dieser Form als weltweit einzigartiges Projekt. Das Prinzip hieß: Mach mehr aus Klee und Gras. Über zwei Jahre hinweg lieferten 80 Schweizer Landwirte Klee und Gras – der Stoff, aus dem Öko-Träume Wirklichkeit werden, vor allem dann, wenn Klee und Gras in der Bioraffinerie Schaffhausen weiter verarbeitet werden:

“…und zwar in dem Sinne, dass sämtliche vorhandenen Inhaltsstoffe verwertet werden können, nicht nur Energie in Anführungszeichen, sondern dass zum Beispiel auch dem Gras das Protein, das Chlorophyll, die ungesättigten Fettsäuren entzogen und als wesentlicher Bestandteil auch die Fasern industriell verwertet werden.”

Wenn Hermann Sieber, Verwaltungsratspräsident der Schaffhauser Bioenergie AG über die vor zwei Jahren in Betrieb genommene Bioraffinerie spricht, gerät er immer noch ins Schwärmen. Grund:

“Die Technologie ist weltweit völlig neu. Die Gräser werden aufgeschlossen, damit die Inhaltsstoffe frei werden, dass die Zellen die Proteine und die übrigen Stoffe hergeben. Dann wird die Flüssigkeit – das Gras wird dann erwärmt – gepresst, und das Biogas wird aus den flüssigen Teilen gemacht. Die Faser wird getrocknet und als Dämmstoffe oder Faserverbundstoffe verwertet.”

Zudem entsteht bei der Umwandlung des Gases in Strom Abwärme, die wiederum zur Trocknung der Isolierfasern genutzt wird : Ein geschlossener ökologischer Kreislauf – das Markenzeichen der Schaffhauser Bio-Raffinerie. Doch die steht seit kurzem still: Keine Turbinen brummen mehr, kein Gas zischt durch die Ventile. Grund: “Öko” hieß in diesem Fall zwar” ökologisch”, aber keineswegs “ökonomisch”.

Hermann Sieber: In der Zeit des Betriebes hatten wir Betriebskosten von monatlich um die 100.000 Schweizer Franken. Und die Erträge waren sehr, sehr bescheiden – also die waren dann bei etwa 10.000, 20.000 Franken im Monat, so dass ein monatliches Defizit zwischen 50.000 und 10. 000 Franken resultierte.”

Nach zwei Jahren ging der Bioenergie-Schaffhausen AG finanziell die Luft aus. Gaben sich dort bis vor kurzem noch Umweltexperten aus ganz Europa die Klinke in die Hand, um das Betriebskonzept der Bioraffinerie zu studieren, so ist neuerdings der Konkursrichter vor Ort, um wenigstens Teile der Anlage zu verkaufen – ein schwieriges Unterfangen. Zwar traf Lob für das Konzept der Bioraffinerie aus allen Himmelsrichtungen in Schaffhausen ein; unter anderem zeichnete das baden-württembergische Wirtschaftsministerium das System grenzüberschreitend mit einem Innovationspreis aus. Aber: Notwendige Zuschüsse zur Förderung innovativer Energiekonzepte wie das der Bioraffinerie sind ausgerechnet in der Schweiz auf ein Minimum zurechtgestutzt worden, bedauert Verwaltungsratspräsident Hermann Sieber:

“In der Schweiz hat sich aufgrund des Sparprogramms im Staatshaushalt die Investitionsmöglichkeit für solche Förderungen massiv reduziert. Und es ist so, dass im EU-Raum, gerade in Deutschland, das Gegenteil der Fall ist: Da werden sehr hohe Beträge für solche Projekte bereitgestellt, sei es zur Förderung von regionalen, nicht gut entwickelten Gebieten oder auch von ökologischen Gedanken.”

Doch letztlich, glaubt Hermann Sieber, müsse eine Anlage wie die Schaffhauser Bioraffinerie in der Lage sein, sich selbst wirtschaftlich zu tragen – ohne Fördergelder. Nur die Anschubfinanzierung für die Weiterentwicklung der notwendigen Technologie könne die Bioenergie Schaffhausen AG, in der sich unter anderem Landwirte, Umweltschützer, Landwirtschaftliche Genossenschaften und die Stadt Schaffhausen zusammengeschlossen haben, nicht leisten. Ein großer Investor, so Hermann Sieber, könnte in letzter Minute doch noch die Rettung bringen für die nun stillgelegte Anlage:

“Wir finden allerdings die Idee derart gut, und sie funktioniert ja an sich, nur noch nicht in genügenden Mengen, dass im Rahmen der Forschung nach vermehrter Verwertung nachwachsender Rohstoffe sowie auf der Energieseite es sehr gut möglich ist, dass früher oder später eine entsprechende Investorengruppe aus dem Anlagenbau oder aus der Energieseite bereit ist, die nötigen Mittel, die wir auf Größenordnung 20 Millionen Euro schätzen, bereit sind zu investieren für ein solches Projekt.”

© DeutschlandRadio 2003

(Vgl. Meldung vom 2003-03-03.)

Source

Deutschlandfunk: Umwelt und Landwirtschaft - Manuskript vom 2003-08-21.

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